Rechtsprechung > Zwangsvollstreckung / -versteigerung

Ersatzvornahme


Die nur eingeschränkte Auslegung des Urteilstenors und daraus folgende fehlende Vollstreckbarkeit

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.11.2020 - 2-13 T 73/20 -

Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass ein Antrag bei Gericht einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Was hilft es dem Kläger, wenn er obsiegt, dann aber den erwirkten Titel nicht durchsetzen kann, da es an dem vollstreckungsfähigen Inhalt ermangelt. Unabhängig davon, dass an sich das Gericht bei fehlender Vollstreckbarkeit eines begehrten Titels darauf hinweisen muss und die Klage im Hinblick auf ein deshalb zu negierendes Rechtschutzbedürfnis abzuweisen hätte, kommt es immer wieder vor, dass der erkennende Richter auf diesen Umstand nicht achtet.

 

So auch in dem vom LG Frankfurt am Main zu beurteilenden Fall. Der Gläubiger hatte gegen den Schuldner ein Versäumnisurteil erwirkt, demzufolge der Schuldner „den Anbau/Überbau im Bereich des Gemeinschaftseigentums … zu beseitigen/zurückzubauen und den früheren Zustand wieder herzustellen“ habe. Das Versäumnisurteil wurde rechtskräftig, der Schuldner aber nicht tätig. Nunmehr wollte der Gläubiger im Rahmen der Ersatzvornahme vorgehen und beantragte die Festsetzung eines Kostenvorschusses in Höhe von € 25.000,00, dem das Amtsgericht stattgab. Der dagegen vom Schuldner eingelegten Beschwerde gab das Landgericht (zutreffend) statt.

 

Zwar ergibt sich ein Anspruch auf Ersatzvornahme in Fällen, in denen der Schuldner zu einer „vertretbaren Handlung“ (§ 887 ZPO), also einer Handlung, die auch durch einen Dritten durchgeführt werden kann, verurteilt wird. Allerdings sah sich hier das Landgericht veranlasst, den Antrag auf die Beschwerde des Schuldners hin zurückzuweisen, da Grundlage nur ein vollstreckungsfähiger Titel sein kann (§ 704 ZPO). Um festzustellen, ob der Titel vollstreckungsfähig ist kann neben dem Tenor auch zur Auslegung des Versäumnisurteils auf die Klageschrift zurückgegriffen werden und das Prozessgericht könne, so das Landgericht, als Vollstreckungsgericht sein Wissen auch aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen. Verblieben allerdings dann immer noch Unklarheiten im Titel, mit dem dem unbestimmten Antrag gefolgt worden sei, fehle es aber an der Vollstreckungsfähigkeit.

 

Diese Unbestimmtheit ergab sich vorliegend aus der Formulierung, dass der „frühere Zustand“ wieder hergestellt werden müsse. Es sei schon nicht ersichtlich, welche Veränderungen durch den beanstandeten Anbau/Überbau erfasst seien, erst Recht nicht, wie der frühere zustand gewesen sei, dessen Wiederherstellung erfolgen solle. In der Klageschrift sei die Rede von vom Schuldner entfernten Fenstern, Erweiterung der Außenmauer und Errichtung einer neuen Mauer. Allerdings ließe sich nicht zweifelsfrei feststellen, welche Maßnahmen in welchem Umfang zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlich seien. Das Landgericht verwies auf eine Entscheidung des BGH im Urteil vom 24.02.1978 - V ZR 95/75 -, wonach die notwendige Konkretisierung fehle. wenn lediglich eine Wiederherstellung  begehrt würde und die Prüfung des Sollzustandes damit unzulässig vom Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde. Es wäre dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren durch Vorlage von Plänen, Bildern, Beschreibungen möglich gewesen, den gewollten Zustand eindeutig zu definieren. Lediglich kleinere Auslegungsschwierigkeiten könnten im Vollstreckungsverfahren behoben werden.