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Verkehrsverwaltungsrecht


Betriebsuntersagung bei schwarzer Folie über EU-Emblem auf Kennzeichen

VG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2022 - 9 L 1698/22 -

Der Antragsteller (AS) versuchte mit seinem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vergeblich, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner anhängigen Klage hinsichtlich u.a. der Betriebsuntersagung seines Fahrzeugs zu erwirken. Hintergrund war, dass der AS auf dem Nummernschild seines Kraftfahrzeuges das blaue EU-Emblem mit einer schwarzen Folie überzogen hatte, worauf eine Betriebsuntersagung erfolgte. Das Verwaltungsgericht (VG) sah die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell ordnungsgemäß an und beurteilte das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung höher als das private Interesse an der Aussetzung.

 

Die Antragsgegnerin (AG) habe die formalen Voraussetzungen, so das schriftliche Begründungserfordernis nach § 80 Abs.3 S. 1 iVm. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO beachtet. Damit seien die formellen Voraussetzungen erfüllt gewesen. Die inhaltliche Rechtfertigung sei keine Frage der formalen Ordnungsgemäßheit des Verwaltungsaktes.

 

Aber auch inhaltlich sah das VG bei der für § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen summarischen Prüfung keinen Fehler.

 

Rechtsgrundlage sei § 5 Abs. 1 FZV (Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Danach könne die zuständige Behörde dem Eigentümer oder Halter eines Fahrzeuges eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen, wenn sich das Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Verordnung, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung oder der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erweise.  Die Nichterfüllung der Anforderung des § 10 Abs. 12 FZV führe zur fehlenden Ordnungsgemäßheit. Danach dürften Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn das zugeteilte Kennzeichenschild nach § 10 Abs. 2 S. 1, 2 und 3 Halbs. 1, Abs. 5 S. 1 und 2 sowie Abs. 6 - 8 und Abs. 9 S. 1 FZV ausgestaltet, angebracht und beleuchtet sei. Andernfalls dürfe der Halter die Inbetriebnahme des Fahrzeuges nicht anordnen oder zulassen, § 19 Abs. 12 S. 2 FeV.  Das Kennzeichenschild müsse der Norm DIN 74069 Abschnitt 1 - 8 entsprechen, § 10 Abs. 12 S. 1 FZV iVm. § 10 Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 FZV. Danach müsse das EU-Emblem die Farbe Blau aufweisen (VO (EG) Nr. 2411/98, unmittelbar anwendbar in den Mitgliedsländern der EU gem. Art. 288 UAbs. 2 AUEV). Form, Größe und Ausgestaltung des Kennzeichenschildes seien in Abschnitt6 Z. 4 Bucht. a) der Anlage 4 zur FZV geregelt, auf die§ 10 Abs. 2 S. 2 FZV verweise.

 

Der Kläger habe das EU-Emblem mit schwarzer Folie versehen. Damit entspräche es nicht der vorgeschriebenen Norm. Nach § 10 Abs. 2 S. 1 FZV dürften Kennzeichenschilder nicht spiegeln, verdreckt oder verschmutzt sein (außer es bestünde, wie hier nicht, eine Genehmigung nach § 10 Abs. 2 S. 1 FZV). Die Norm gelte für alle Gestaltungselemente des Schildes, weshalb es nicht darauf ankäme, dass sich die schwarze Folie nur auf dem EU-Emblem befände.

 

Der Umstand, dass § 10 Abs. 2 S. 1 FZV der Erkennbarkeit des Kennzeichens im Sinne von § 8 8 Abs. 2 S. 1 FZV zur Identifizierung des Fahrzeughalters diene, insbesondere bei der Verkehrsüberwachung, ändere daran nichts. Die Vorschrift knüpfe ausweislich ihres Wortlautes an die von Abdeckungen ausgehende abstrakte Gefahr der eingeschränkten Erkennbarkeit an, ohne dass es im konkreten Einzelfall darauf ankäme, inwieweit die Erkennbarkeit beeinträchtigt sei. Zudem könne bei summarischer Prüfung u.a. auch nicht ausgeschlossen werden, dass durch die schwarze Folie das Kennzeichenschild spiegele oder nicht mehr ausreichend reflektiert (entgegen § 10 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 FZV, § 10 Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 FZV).  

 

Vorliegend sei ein Ermessensfehler iSv. § 114 S. 1 VwGO nicht festzustellen. Steht eine Entscheidung, wie hier, im Ermessen der Behörde, prüfe das Gericht, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde.  Danach seien Ermessensfehler nicht festzustellen. Insbesondere verstoße die Betriebsuntersagung nach summarischer Prüfung nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsrundsatz. Vor der Anordnung sei der AS von der AG zur Entfernung aufgefordert worden; diesem milderen Mittel sei der AS nicht nachgekommen. Dass er nunmehr das Fahrzeug nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr nicht mehr nutzen dürfe, sei Sinn der Betriebsuntersagung und infolge der fehlenden Mitwirkung des AS dazu geeignet, den rechtmäßigen Zustand widerherzustellen.

 

 

Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO sei im Wege einer eigenen Abwägung durch das Gericht das Interesse an der Aussetzung der Vollziehung mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Vollziehung abzuwägen. Hauptgesichtspunkt sei dabei die zu erwartende Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren. Danach falle die Abwägung zuungunsten des AS aus. Denn nach der summarischen Prüfung nach Aktenlage sei die Anordnung rechtmäßig.


Unzulässig abgestellte Fahrzeuge auf Privatgrundstücken und deren Umsetzung

VG Hannover, Urteil vom 01.09.2020 - 7 A 5261/18 -

Der Rechtsstreit betraf eine straßenrechtliche Verfügung, mittels der der gewerblich tätigen Klägerin untersagt wurde, ein auf einem privaten Grundstück geparktes Fahrzeug (im Auftrag des Grundstückseigentümers) in den öffentlichen Raum umzusetzen. Dabei handelte es sich bei der Klägerin um einen privaten Dienstleister zur Parkraumüberwachung auf privaten Grundstücken. Sie verbrachte widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge auf einen freien Parkplatz im öffentlichen Verkehrsraum, der sich in der Nähe des Abschlepportes befand und unterrichte die Abgeschleppten nach Zahlung der Abschleppkosten von dem Standort des Fahrzeuges.

 

Gegen die Verfügung erhob die Klägerin Klage, der das Verwaltungsgericht (VG) stattgab.

 

Das VG verwies darauf, dass nicht das Straßenrecht des Landes, sondern zunächst die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des Umsetzens der Fahrzeuge von einem privaten Grundstück in den öffentlichen Straßenraum maßgeblich sei, auch bei der Beurteilung der Fragen ob das Abstellen im öffentlichen Straßenraum eine zulässige Teilnahme am ruhenden Verkehr sei. § 14 Abs. 1 NStrG gestatte jedermann im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften den gebrauch der Straße (Gemeingebrauch). Im Rahmen dieses Gemeingebrauchs habe der fließende Verkehr Vorrang vor dem ruhenden Verkehr und eine Nutzung über den Gemeingebrauch hinaus sei eine Sondernutzung (§ 18 Abs. 1 S. 1 NStrG). Würde die Straße ohne Erlaubnis genutzt oder komme der berechtigte seinen Verpflichtungen nicht nach könne die zuständige Behörde die Beendigung der Nutzung anordnen oder die Erfüllung von Auflagen fordern (§ 22 NStrG). Die zulässige Teilnahme am Straßenverkehr (einschl. dem ruhenden Verkehr) ergäbe sich aber abschließend nur aus dem bundesrechtlich geregelten Straßenverkehrsrecht. So habe das BVerwG bereits im Urteil vom 03.06.1982 - 7 C 73/79 - entschieden, dass in § 12 Abs. 2 StVO das Parken von Kraftfahrzeugen als verkehrsüblicher und gemeinverträglicher Vorgang des ruhenden Verkehrs geregelt worden sei und nur nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen sei.

 

 

Ist damit aber die StVO für das Umsetzen maßgeblich, müsse sich die Verfügung daran orientieren, mit der die Umsetzung in allen Gemeindestraßen untersagt wurde, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet seien. Dass bei dem Umsetzen Verstöße gegen die Vorgaben der StVO durch die umgesetzten Fahrzeuge erfolgt seien, sei nicht geltend gemacht worden. Da das Parken Bestandteil des ruhenden Verkehrs sei, wenn es sich wie hier um zugelassene und betriebsbereite Fahrzeuge handele, könne dies nicht verboten werden, zumal die Fahrzeuge nach Angaben der Klägerin regelmäßig innerhalb von sechs Stunden ausgelöst und wieder in Betrieb genommen würden. Alleine der Umstand, dass die Klägerin gewerbliche handele, sei nicht maßgeblich, zumal hinzu komme, dass es im Interesse der Klägerin sei, dass die Fahrzeuge wieder in Betrieb genommen würden, da so die Klägerin von den Betroffenen die Kosten erstattet bekäme. 


Sondernutzungserlaubnis versus Anspruch auf freie Sicht auf das Schaufenster

OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.05.2020  - 7 ME 37/20 -

Die Beschwerdeführerin (BF) betreibt ein Ladengeschäft. Vor diesem wurde ein Stand aufgestellt, an dem Eis verkauft wird. An diesem sollen zwei Sonnenschirme so platziert sein, dass dadurch die Sicht auf das Schaufenster des Ladengeschäfts von der Straße (einer Fußgängerzone) aus teilweise behindert ist. Das Verwaltungsgericht hatte einen Antrag auf einstweilige Anordnung, mit dem die BF die Beseitigung der Schirme geltend machte, als unzulässig abgewiesen. Ihre Beschwerde wurde vom OVG Lüneburg zurückgewiesen.

 

Zutreffend habe das VG einen Anspruch der BF auf ein Einschreiten der Antragsgegner nach § 22 NStrG verneint. § 22 NStG lautet:

 

„Wird eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt oder kommt der Erlaubnisnehmer seinen Verpflichtungen nicht nach, so kann die für die Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung oder zur Erfüllung der Auflagen anordnen. Sind solche Anordnungen nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich oder nicht erfolgversprechend, so kann sie den rechtswidrigen Zustand auf Kosten des Pflichtigen beseitigen oder beseitigen lassen.“

 

Danach kann bei Nutzung der Straße ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einer Erlaubnis die zuständige Behörde (hier die Antragsgegnerin) die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung bzw. Erfüllung der Auflagen anordnen.

 

Das OVG schließt sich aus, dass tatsächlich die Art der Nutzung in Form der Anbringung der Sonnenschirme mit zwei Seitenplanen nicht der erteilten Sondernutzungserlaubnis der Antragsgegnerin entspräche. Darauf kam es allerdings nach Auffassung des OVG nicht an. Die Entscheidung über das Ob eines Einschreitens und des Wie stünde im Ermessen der Behörde. Eine Pflicht zum Einschreiten setze eine Ermessensreduzierung auf Null voraus und weiterhin, wenn das Einschreiten wie hier von einem Dritten begehrt würde, dessen Anspruch auf ein behördliches Einschreiten. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

 

Zwar könne die BF eine angemessene Anbindung an die Straße verlangen und, als Nutzerin eines gewerblich genutzten Grundstücks, auch einen „Kontakt nach außen“. Der „Kontakt nach außen“ bedeute aber nicht eine optimale Nutzungsmöglichkeit oder die Beibehaltung eines Lagevorteils. Daher könne nicht verlangt werden, dass die Schaufensterfront uneingeschränkt betrachtet werden könne. Nachteile in Bezug auf die Sichtbarkeit müssten in Kauf genommen werden, wenn nicht der „Kontakt nach außen“ vollkommen unterbunden würde. Die BF könne auch im Bereich der Fußgängerzone nicht fordern, dass die Straße im Bereich ihres Grundstücks frei von Nutzungen bleibe, die die Sicht auf die Schaufensterfront ihres im Erdgeschoß befindlichen Schuhgeschäfts beeinträchtigen könnten. Hier sei die Sicht nur teilweise behindert. Die Seitenplanen der Sonnenschirme würden sich für Fußgänger, die sich aus nördlicher Richtung nähern, würden nicht sichtbehindernd auswirken. Damit sei nicht zu erkennen, dass der „Kontakt nach außen“ unzumutbar beeinträchtigt sei. Auch liege keine Verletzung des in Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor, da dieses keinen Anspruch auf diejenigen Nutzungsmöglichkeiten gewähre, die dem Gewerbetreibenden den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspreche (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 -).

 

 

Die BF könne sich auch nicht auf die nachbarschützenden Granzabstandsvorschriften berufen. Unabhängig davon, dass hier nach Ansicht des OVG der Grenzabstand eingehalten sein, könne dies von der BF auch hier nicht geltend gemacht werden. Zu berücksichtigen sei, dass für ein Einschreiten der Behörde grundsätzlich straßenbezogene Belange zu berücksichtigen seien, zu denen die Grenzabstandsbestimmungen der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) nicht gehören würden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.08.2006 - 11 A 2642/04 - zur nordrhein-westfälischen Bauordnung). 


Halteverbot: Nachträgliche Anordnung und Vorlauffrist für kostenpflichtige Abschleppmaßnahme

BVerwG, Urteil vom 24.05.2018 - 3 C 25/16 -

Die Klägerin behauptete, ihr Fahrzeug am 19.08.2013 im Bereich ihrer Wohnung auf der öffentlichen  Straße abgestellt zu haben und flog anschließend in Urlaub.  Am 20.08.20113 stellten dort Mitarbeiter eines Umzugsunternehmens auf der Grundlage einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung der beklagten Stadt zwei mobile Halteverbotsschilder (jeweils von 7:00 – 18:00 Uhr) für den Zeitraum vom 23. bis zum 24.08.2013 auf. Am 23.09.2013 veranlasste ein Mitarbeiter der beklagten Stadt das Abschleppen des Fahrzeugs der Klägerin. Das beauftraget Abschleppunternehmen gab das Fahrzeug der Klägerin gegen Zahlung von € 176,98 heraus. Die Beklagte forderte zudem eine Verwaltungsgebühr Ordnungsgeld von € 62,00.

 

Die Klage auf Erstattung der € 176,98 und auf Aufhebung des Bescheides war erst vor dem BVerwG erfolgreich.

 

Zwar sei das Aufstellen der Verkehrszeichen auch gegenüber der abwesenden Klägerin rechtmäßig gewesen, wie auch die Abschleppmaßnahme.  Allerdings verstoße die Auffassung der Beklagten,  die Klägerin müsse bei einer Vorlaufzeit von 48 Stunden für die Kosten haften, gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

 

Die Abschleppmaßnahme sei rechtmäßig gewesen, da das Fahrzeug in einer korrekt ausgewiesenen Halteverbotszone angestellt gewesen sei. Daraus folge grundsätzlich die Möglichkeit einer Kostenlast des Verantwortlichen, was auch für die unmittelbare Zahlung an den Abschleppunternehmer gelte, die ihre Grundlage in den landesrechtlichen Vorschriften zur Kostenerstattung finde.  Ausnahmen seien aber dann geboten, wenn das Fahrzeug ursprünglich ordnungsgemäß und erlaubt geparkt worden sei und sich die Verkehrslage erst danach (durch das Aufstellen neuer Verkehrszeichen) geändert habe. Das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müsse Berücksichtigung finden (BVerfG, Beshcluss vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07 -). Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass das dauerhafte Parken eines betriebsbereiten Fahrzeuges auf öffentlichen Straßengrund grundsätzlich statthaft sei (BVerfG, Beschluss vom 09.10.1984 - 2 BvL 10/82 -), worauf insbesondere Fahrzeughalter ohne eigene Garage oder privaten Stellplatz angewiesen seien. Der ruhende Verkehr sei vom Gemeingebrauch umfasst. Aber der Verkehrsteilnehmer müsse damit rechnen, dass Situationen eintreten, die eine kurzfristige Änderung der bestehenden Verkehrsregelungen erfordern. Damit sei das Vertrauen in die Möglichkeit dauerhaften Parkens wegen des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme gem. § 1 Abs. 1 StVO von vornherein eingeschränkt mit der Folge, dass der Fahrzeugverantwortliche als Inhaber der Sachhherrschaft Vorsorge für den Fall einer Änderung der Verkehrslage treffen müsse.

 

 

Als Sachangemessen sei eine Vorlaufzeit von drei vollen Tagen anzunehmen, weshalb eine Kostenbelastung erst ab dem vierten Tag nach Aufstellung des Verkehrszeichens  in Betracht käme. Zwar könne es sein, dass kurzfristig (z.B. wegen eines Wasserrohrbruchs) Maßnahmen erforderlich wären; derartige Gründe würden aber nicht aus der Sphäre des Fahrzeughalters stammen, was erst recht bei einer privaten Sondernutzung (hier: für einen Umzug) gelte. Zudem sei zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Gefahrenabwehr auf der Primärebene ohnehin ein Eingriff zu lässig sei, was allerdings nicht von der Frage abhängig ist, wer auf der Sekundärebene für die Kosten aufzukommen habe. 


Fahrtenbuchauflage: Unbekannter Fahrer und ein möglicher Punkt

OVG Münster, Beschluss vom 13.01.2016 – 8 A 1030/15 -

Das OVG Münster  stimmte, wie die Vorinstanz, der Verwaltung zu, die gegen den Kläger eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von einem Jahr verhängte. Hintergrund der Fahrtenbuchauflage war gewesen, dass mit dem Fahrzeug des Klägers ein verkehrsverstoß begangen wurde, der nach dem neuen Punktesystem zum 1.5.2015 nach Anlage 13 zur FeV mit jedenfalls einem Punkt zu bewerten sei. Da der Fahrer nicht ermittelt werden konnte, erging gegen den Halter die Fahrtenbuchauflage.

 

Das OVG Münster ließ die Berufung gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht zu. Es verwies darauf, dass der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung habe, wobei es nicht darauf ankommen würde, ob eventuell andere Verwaltungsträger als der hier zuständige anders entscheiden würde. Darüber hinaus sei die Entscheidung auch nicht fehlerhaft.

 

 

Die Fahrtenbuchauflage ist nach der Auffassung des OVG eine probate Maßnahme, wenn ein erheblicher Verkehrsverstoß vorläge und der Fahrer nicht ermittelt werden könne. Mit der Fahrtenbuchauflage wird sichergestellt, das im Wiederholungsfall der Fahrer durch Einsicht in das Fahrtenbuch ermittelt werden kann. Die  - für die Fahrtenbuchauflage notwendige -  Erheblichkeit des Verkehrsverstoßes ließe sich aus dem Punktesystem ableiten. Nach der Reform des Punktesystems zum 1.5.2015 decke ein Punkt eine große Spanne von Verkehrsverstößen ab, wobei nah diesem neuen System Punkte nur noch vorgesehen wären für Verkehrsverstöße, die die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinträchtigen würden.