Mancher wird froh sein, nach einem Unfall eine private Unfallversicherung zu haben. Doch auch hier sind „Spielregeln“ zu beachten, damit ein versicherungsvertraglicher Anspruch auch erfolgreich geltend gemacht werden kann, wie ein Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO des OLG Dresden zeigt.
Der Entscheidung lag ein Antrag der versicherten Klägerin bei der beklagten privaten Unfallversicherung auf Feststellung des Invaliditätsgrades aufgrund eines Unfalls vom 24.05.2019 zugrunde. Dem wurde von der Beklagten wegen Fristversäumung nicht stattgegeben. Die Klage wurde vom LG Leipzig (LG) abgewiesen. Das OLG wies die Klägerin in seinem Beschluss darauf hin, dass es gedenke deren Berufung durch einstimmigen Beschluss wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Berufung zurückzuweisen.
Das LG habe die Klage zutreffend abgewiesen, da die Frist zur Invaliditätsfeststellung nach Z. 2.1.1.1. AUB 2000, demzufolge die Invalidität binnen 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt werden müsse nicht eingehalten worden sei. Die Überlassung eines Krankenhausentlassungsberichts, der keine Angaben zur Invalidität enthalten habe, sei nicht ausreichend gewesen.
Es handele sich bei der fristgerechten Feststellung um eine Anspruchsvoraussetzung (BGH, Urteil vom 22.05.2019 - IV ZR 73/18 -), welche dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen
Klärung seiner Einstandspflicht diene und selbst dann zum Ausschluss von Spätschäden führe, wenn dem Versicherten an der Nichteinhaltung der Frist keine Schuld träfe (BGH, Urteil vom 07.03.2007 –
IV ZR 137/06 -). Die Beklagte könne sich auch auf die in ihren Versicherungsbedingungen berufen, da sie den Kläger gem. § 186 VVG auf die vertraglichen Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen
hingewiesen habe. Dort wurde dem Versicherten mitgeteilt, dass ein Anspruch auf Invaliditätsleistung bestünde, wenn innerhalb von einem Jahr nach dem Unfall die Invalidität eingetreten sei und
innerhalb von 15 Monaten von einem Arzt schriftlich festgestellt worden sei (Schreiben vom 27.05.2019), was sogar noch einmal mit Schreiben vom 11.06.2019 wiederholt worden sei mit der
Aufforderung, die Fristen, die bis zum 24.06.2020 laufen würden, zu beachten und bei Nichteinhaltung derselben kein Leistungsanspruch bestünde. Mit einem weiteren Schreiben vom 25.05.2020 wurde
der Kläger noch einmal entsprechend belehrt und diesem ein Formular (Ärztliche Bescheinigung zur Begründung eines Invaliditätsanspruchs) beigefügt, welches von einem Arzt ausgefüllt werden müsse,
und es wurde aufgeführt, welche Unterlagen vorgelegt werden müssten. Das vom Arzt ausgefüllte Formular wurde der Beklagten nach Fristablauf überlassen.
Die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf sei auch nicht treuwidrig. Treuwidrig könnte dies dann sein, wenn dem Versicherer ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fristversäumung deutlich würde, er aber eine Belehrung gleichwohl unterlasse, wovon auszugehen sei, wenn der Invaliditätsanspruch rechtzeitig geltend machen würde, seine Angaben bzw. vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, allerdings die ärztliche Feststellung der Invalidität noch fehlen würde (BGH, Urteil vom 30.11.2005 - IV ZR 154/04 -). Diese Voraussetzungen sah hier das OLG als nicht vorliegend an.
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, ihr Schreiben vom 03.06.2020 sei nicht beantwortet worden. Darin habe sie der Beklagten einen OP-Termin am 08.06.2020 benannt und angefragt, ob diese Information ausreichend sei; mangels einer Beantwortung habe sie dann den Krankenhausentlassungsbericht am 09.06.2020 übersandt. Allerdings habe die Beklagte mit dem Schreiben vom 08.06.2020 reagiert und die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Invaliditätsanspruch unabhängig vom Behandlungsverlauf und dem Zeitpunkt der Operation geltend zu machen sei und zudem auf die Erläuterungen in den vorangegangenen Schreiben verwiesen. Damit aber habe die Klägerin nicht davon ausgehen könne, dass die Überlassung des Entlassungsberichts ausreichend sei. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, noch einmal auf die Notwendigkeit der ärztlichen Feststellung hinzuweisen, nachdem der Entlassungsbericht keine Angaben zu einer Invalidität enthielt.
Festzuhalten bleibt: Im Rahmen der privaten Unfallversicherung sind für die Feststellung von Invalidität und daraus möglichen Leistungen Fristen vorgegeben und ist eine bestimmte Form (nämlich die schriftliche Feststellung der Invalidität durch einen Arzt) vorgesehen. Zeigt der Versicherungsnehmer der Versicherung einen Unfall an und belehrt der Versicherer den Versicherungsnehmer gem. § 186 VVG über die Voraussetzungen und einzuhaltenden Fristen für einen möglichen Anspruch, geht ein Fristversäumung zu Lasten des Versicherungsnehmers. Nur ausnahmsweise kann sich der Versicherungsnehmer auf eine Treuwidrigkeit und Rechtsmissbrauch berufen, wenn dem Versicherer deutlich wird, dass der Versicherungsnehmer noch Belehrungsbedarf habe, so wenn er Unterlagen einreicht, die zwar auf eine Invalidität deuten, nicht aber die schriftliche Feststellung derselben durch einen Arzt beinhalten; in diesem Fall muss der Versicherer noch einmal belehren, da ansonsten die Berufung auf den Fristablauf rechtsmissbräuchlich ist. Zu beachten ist auch, dass eine erst nach Fristablauf festgestellte Invalidität keinen Anspruch gegen den Versicherer rechtfertigt.
Unfallversicherungen werden abgeschlossen, um bei einem Unfall, unabhängig auch von einer Ersatzpflicht eines Dritten, für die medizinischen Folgen desselben abgesichert zu sein. Die Klägerin begehrte von der Beklagten aus der bei dieser bestehenden Unfallversicherung Krankenhaustagegeld. Nach dem dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (NBA-AUB 95) verpflichtete sich die Beklagte für jeden Tag, den sich der Versicherte „wegen des Unfalles in medizinisch notwendiger vollstationärer Heilbehandlung“ befindet auf längstens fünf Jahre ein Krankenhaustagegeld zu zahlen (§ 7 IV 1). Der Anspruch sollte entfallen bei einem Aufenthalt in Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten (§ 7 IV 2).
Die Klägerin, die einen Unfall durch Sturz von einer Leiter behauptete und deshalb in 2011 an der Wirbelsäule operiert worden sein soll, behauptete einen medizinisch notwendigen Aufenthalt in einer Reha-Klinik, da die Beschwerden nach der Operation nicht verschwunden seien, und machte deshalb für die Dauer des Reha-Aufenthalts Krankenhaustage geltend. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.
Der BGH wies darauf hin, dass Versicherungsbedingungen so auszulegen seien, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer (VN) sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde. Es sei von einem VN ohne versicherungsrechtliche Kenntnisse und damit von dessen Interessen auszugehen. Zunächst sei vom Wortlaut auszugehen; der mit den Bedingungen verfolgte Zweck und Sinnzusammenhang der Klauseln sei zusätzlich zu berücksichtigen, soweit er für den VN erkennbar sei (st. Rspr.; z.B. BGHZ 123, 83).
In Ansehung des Interesses des VN könnten bei Risiko- und Leistungsausschlussklauseln der Versicherungsschutz nicht weiter gekürzt werden (und deshalb eng auszulegen), als es der erkennbare Zweck der Klausel gebiete. Danach aber erfasse die Klausel, mit der Krankenhaustagegeld zugesagt wurde, keine Aufenthalte in Reha-Kliniken.
Reha-Kliniken sind allerdings in dem Ausschlusstatbestand des § 7 IV 2 nicht benannt. Das aber steht nach Auffassung des BGH dem Ausschluss hier nicht entgegen. Eine Reha-Klinik sei eine dem in § 7 IV. 2 benannten Sanatorium vergleichbare Einrichtung und dies auch für einen durchschnittlichen VN aufgrund allgemeinen Sprachgebrauchs ersichtlich. Der frühere Begriff des Sanatoriums sei heute teilweise durch den Begriff der Reha-Klinik als Synonym für Sanatorium ersetzt. Der VN würde erkennen, dass der Versicherer mit der Ausschlussklausel den Zweck verfolge, Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Der Aufenthalt in den in § 7 IV 2 benannten Einrichtungen sei typischerweise von längerer Dauer (was für die Frage der Gewährung von Krankenhaustagegeld von Bedeutung sei) und würde Feststellungen des Versicherer erschweren, ob es sich noch um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung oder bereits um eine der allgemeinen Erholung dienende Maßnahme (für die Versicherungsschutz nach § 7 IV 2 entfällt) handele. Kur- und Sanatoriumsbehandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen würden eine Gruppe bilden, die sich deutlich von den Krankenhäusern unterscheide. Bei dem Krankenhaus stünden eine intensive und möglichst umfassende medizinische und ärztliche Betreuung und ärztliche Betreuung und eine darauf basierende Ausstattung im Vordergrund, demgegenüber bei Kur- und Sanatoriumsbehandlungen keine entsprechend intensive medizinische Betreuung durch Personal oder Geräten erforderlich sei. Danach würde auch ein VN Aufenthalte in der Reha-Klinik, in denen nach der ambulanten oder stationären Erstversorgung der Unfallverletzten auf Kosten eines Sozialversicherungsträgers eine zusätzliche Behandlung zur Herstellung der vollen Leistungsfähigkeit erfolge. Dem „Aufenthalt in einem Sanatorium“ im Sinne der Ausschlussklausel gleichsetzen.
Der Umstand ärztlicher Betreuung im Sanatorium / Reha-Klinik ändere daran nichts, da diese nur für § 7 IV. 1 in Betracht käme, um Übrigen ansonsten § 7 IV. 2 keine Bedeutung hätte.
Auch käme es nicht auf die Bezeichnung der Einrichtung (hier: Fachklinik) an, da nicht diese sondern der tatsächliche Charakter entscheidend sei.
Auch könne sich die Klägerin nicht erfolgreich darauf berufen, die Behandlung in der Reha-Klinik habe einer Krankenhausbehandlung entsprochen. Entscheidend sei der Aufenthaltsort und nicht die Ausgestaltung der Behandlung im Einzelfall.