Das Gespann bestehend aus einer bei der Klägerin haftpflichtversicherten Zugmaschine und einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Anhänger rangierte rückwärts, wobei es zur Schädigung eines anderen Fahrzeugs kam. Die Klägerin regulierte den Schaden und verlangte von der Beklagten einen Innenausgleich, den das Amtsgericht mit 50% des regulierten Betrages zusprach. Auf die Berufung der Beklagten wies das Landgericht die Klage ab, die von der Klägerin mit der vom Landgericht zugelassenen Revision weitererfolgte. Der BGH wies die Revision zurück.
Die bei der Klägerin haftpflichtversicherte Zugmaschine (§ 10 Abs. 1 S. 1 StVG) bilde mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Anhänger ein Gespann (§ 19 Abs. 2 S. 1 StVG). Da dieses über die Versicherungen für das Zugfahrzeug und für den Anhänger bei zwei verschiedenen Versicherungen versichert sei, läge eine Mehrfachversicherung (§ 78 Abs. 1 VVG ) vor.
§ 19 Abs. 4 S. 2 StVG verpflichte im Verhältnis der Halter des Zugfahrzeugs und des Anhängers zueinander nur den Halter des Zugfahrzeugs. Allerdings gibt es davon Ausnahmen, worauf der BGH auch hinwies: Habe sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht als durch das Zugfahrzeug alleine, hinge die Verpflichtung zum Ausgleich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Zugfahrzeug oder dem Anhänger verursacht worden sei (§ 18 Abs. 4 S. 3 StVG). § 19 Abs. 4 S. 4 StVG stelle allerdings klar, dass das Ziehen des Anhängers für sich im Regelfall keine höhere Gefahr verwirkliche (§ 19 Abs. 4 S. 4 StVG).
Die tatrichterliche Beurteilung, dass vorliegend gem. § 18 Abs. 4 S. 2 StVG die Klägerin als Halterin des Zugfahrzeugs alleine verpflichtet ist und keinen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Versicherer des Anhängers habe, sei nicht zu beanstanden.
Soweit die Revision geltend gemacht habe, bei einem „Ziehen“ iSv. § 19 Abs. 4 S. 4 StVG handele es sich nicht um ein Rückwärtsfahren; der Begriff entspräche der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 S. 1 StVG, „…Anhänger, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) gezogen zu werden“, folgte dem der BGH nicht. § 19 Abs. 1 StVG erfasse unabhängig von der Fahrtrichtung jede Bewegung des Anhängers, mithin auch ein „Rückwärtsschieben“ durch das Zugfahrzeug. Entscheidend sei lediglich die abstrakte Bestimmung des Anhängers, prinzipiell an ein Fahrzeug angehängt zu werden. Eine Gesetzesänderung bezüglich der Anhängerhaftung aus „oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden“ in „gezogen zu werden“ statt „mitgeführt zu werden“ habe nach der Gesetzesbegründung nur sprachliche Gründe gehabt (BT-Drs. 19/17964, S. 13); eine inhaltliche Änderung sollte damit ausdrücklich nicht verbunden sein. Nach der Gesetzesbegründung habe der Anhänger dem Zugfahrzeug zu- und untergeordnet werden sollen, sollte am Fahrzeug hängen und von diesem abhängen (BT-Drs. 19/17964 S. 17).
Auch würde entgegen der Annahme der Revision sich eine höhere Gefahr des Anhängers nicht dadurch ergeben, dass sich durch den Anhänger im Rückwärtsfahren eine höhere Gefahr desselben verwirklicht habe. Zwar sei das Gespann länger und unübersichtlicher als nur das Zugfahrzeug. Der Regelfall des § 10 Abs. 4 S. 2 StVG solle aber nicht ausnahmsweise durchbrochen werden. Insoweit würde die Gesetzesbegründung als Beispiele anführen, dass „der Anhänger im Einzelfall aufgrund seiner außergewöhnlichen Beschaffenheit (Überlänge, Überbreite, Schwertransporter etc.) eine besondere Gefahr darstellt“ oder einen technischen Defekt aufweise. Es könne damit auch auf sich beruhen, dass es sich bei dem Zugfahrzeug um einen Lkw und dem Anhänger um einen Auflieger gehandelt habe, zumal nicht festgestellt worden sei, dass sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr als durch das Zugfahrzeug alleine tatsächlich verwirklicht habe (dies verlange aber § 19 Abs. 4 S. 3 StVG).
Hinweis: Die Entscheidung beruht auf der Gesetzesänderung zu § 78 Abs. 3 VVG und 19 Abs. 4 StVG in der Fassung des Gesetzes zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10.07.2020 (BGBl. I S. 1653).
Der Kläger ist Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer eines Fahrzeugs der Großmutter des (als Fahrer mitversicherten) Beklagten, der mit dem Fahrzeug an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Beim Überholen touchierte der Beklagte mit seinem Fahrzeug das Fahrzeug des Überholten und setzte seine Fahrt fort. Der Beklagte wurde wegen unerlaubten Entfernend vom Unfallort in der Folge strafrechtlich verurteilt. Der Kläger, der gegenüber dem Unfallgegner dessen Sachschaden ausgleichen musste, forderte von dem Beklagten die verauslagten € 2.162,26. Streitig war, ob eine Obliegenheitspflichtverletzung des Beklagten aus dem versicherungsvertrag heraus vorlag, da der Beklagte sich unerlaubt vom Unfallort entfernte und erst nach 11 Stunden als Täter hätte ermittelt werden können.
Während das Amtsgericht die Klage abwies, wurde auf die Berufung des Klägers hin der Klage stattgegeben. Dabei stellte das Landgericht darauf ab, dass nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet sei, auch wenn die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt des Versicherungsfalls oder dessen Feststellung ursächlich sei, wenn der Versicherungsnehmer die fragliche Obliegenheit arglistig verletzt habe. Diese Arglist läge vor. Sie verlange keine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers. Ausreichend sei es, dass der Versicherungsnehmer billigend in Kauf nähme, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen könnte (BGH, Urteil vom 22.06.2011 - IV ZR 174/09 -). Auch wenn nicht bereits jedes unerlaubtes Entfernen vom Unfallort als Arglist im Hinblick auf versicherungsrechtliche Obliegenheiten angesehen werden könne, es vielmehr auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankäme, und der Versicherer die Beweislast für das Vorliegen von Arglist habe, müsse hier davon ausgegangen werden.
Das Landgericht leitete die Arglist des Beklagten aus dessen Verhalten gegenüber den Ermittlungsbehörden und den Fahrweg des Beklagten nach dem Unfall ab:
Habe er zunächst am Unfalltag gegenüber den Ermittlungsbehörden den Unfall eingeräumt, habe er ihn am nächsten Tag in Abrede gestellt. In der Hauptverhandlung im Strafverfahren habe er erst angegeben, nichts bemerkt zu haben und nach einer Unterbrechung des Verfahrens angegeben, dass er nervös geworden sei und deswegen weitergefahren sei.
Weiter sei der Streckenverlauf der Weiterfahrt nach dem Unfall zur Schulde des Beklagten, wohin er wollte, nicht plausibel. Der Streckenverlauf deute darauf, dass er versucht habe, seinen Verfolger (den Geschädigten) abzuhängen.
Nicht entschuldigen könne den Beklagten der von ihm behauptete anwaltliche Rat, sich nicht bei der Ermittlungsbehörde zu melden; er sei sich seiner Verpflichtung letztlich bewusst gewesen, sich als beteiligter den Ermittlungsbehörden gegenüber zu offenbaren.
Bei dieser Situation, bei der nach § 286 ZPO ein Grad an Gewissheit erreicht sei, der Zweifeln Schweigen gebiete, müssen von einer vorsätzlichen Obliegenheitspflichtverletzung ausgegangen werden, da der Beklagte billigend in Kauf genommen habe, dass sein Verhalten die Schadensregulierung beeinflussen könne. Der Nachweis der arglistigen Obliegenheitsverletzung sie erbracht.
Der Versicherungsnehmer (Beklagte zu 1.) betankte am 20.08.2017 versehentlich sein bei der Beklagten zu 2. Haftpflichtversichertes Motorrad mit Dieselkraftstoff. Der Beklagte zu 1. verließ zunächst das Tankstellengelände, kehrte dann aber zurück, um den Dieselkraftstoff aus dem Tank zu entfernen und diesen mit Benzin zu füllen, wozu er nach den Feststellungen des Landgeichts den Tank ausbaute. Danach befanden sich dort zwei größere Lachen Benzin bzw. Diesel, die von Mitarbeitern der Klägerin abgebunden wurden und eine weitere Reinigung erforderlich machten. Das Landgericht verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz und stellte fest, dass diese verpflichtet seien, für sämtliche weiteren Folgen aus dem Schadensereignis einzustehen hätten.
Gegen das Urteil wandte sich alleine die Beklagte Haftpflichtversicherung, die rügte, dass das Landgericht die mangelnde Passivlegitimation nicht berücksichtigt habe. Eine Haftung der Beklagten zu 2. könne nicht bestehen.
Das OLG wies darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten zu 2. Nur in Betracht käme, wenn es sich bei dem Anspruch der Klägerin um einen solchen aus einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handele, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Eine solche sei nach § 1 PflVG zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personen-, Sach- und sonstigen Vermögensschäden anzuschließen. Vorliegend sei aber der Schaden (für den der Beklagte zu 1. Privatrechtlich hafte) nicht durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeuges entstanden.
„Gebrauch“ schließe hier den Betrieb iSv. § 7 StVG ein und gehe noch darüber hinaus (BGH, Urteil vom 10.07.1980 - IVa ZR 17/80 -). Ein Schaden sei durch den Gebrauch des Fahrzeuges nur eingetreten, wenn dieses mit dem versicherten Wagnis in adäquaten Ursachenzusammenhang stünde. Die Gefahr müsse vom versicherten Fahrzeug selbst ausgehen. Dies habe der BGH auch für das Ein- und Aussteigen von Personen aus dem Fahrzeug angewandt, allerdings darauf verwiesen, dass auch Handlungen vor dem Ein- oder Aussteigen noch zum Gebrauch des Fahrzeuges zählen könnten, so z.B. Reparaturarbeiten (Auswechseln eines defekten Rades) oder eine Wagenwäsche (BGH aaO.). Für die Auslegung käme es entscheidend darauf an, dass die typische, vom Fahrzeug selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr noch vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckt sein solle. Eine enge Auslegung sei dann geboten, wenn die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausginge, sondern von einer Person, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug stünde, da andernfalls das Haftungsrisiko des Versicherers schwer zu kalkulieren wäre. Stünde nur ein Gebrauch des Fahrzeuges durch den Fahrer infrage, sei auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten desselben abzustellen. Nur der Fahrer käme nämlich aus Verursacher hinsichtlich der hier infrage stehenden Unfallrisiken in Betracht; wenn seine Handlungen der vom Gebrauch des Fahrzeuges ausgehenden Gefahr hinzugerechnet werden solle, müssten dies zypische Fahrerhandlungen sein. Dies bestimme sich nach dem gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenbereich eines Kraftfahrers im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt.
Vorliegend sei der Tank ausgebaut worden und hinter das Tankstellengebäude getragen worden, wo es dann zum Schaden gekommen sei. Dies sei nicht mehr dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnen. Auch wenn Reparaturen noch dem Gebrauch zugerechnet würden, müsse die Gefahr unmittelbar vom Fahrzeug ausgehen; nicht ausreichend sei, dass die unmittelbare Gefahr nicht vom Fahrzeug, sondern von einer Person ausgehen würde, die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang stünde (BGH, Urteil vom 26.10.1988 - Iva ZR 73/87 -). Entscheidend sei, dass der Schaden sich durch das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirkliche.
Vorliegend habe zwar der Ausbau des Tanks dazu gedient, das Motorrad schließlich wieder in Gebrauch zu nehmen. Das aber reiche nicht aus. Das Fahrzeug wäre nicht mit seinem typischen Gefahren gebraucht worden, vielmehr habe der Beklagte zu 1. zurechenbar beim Umfüllen des Tanks in einen Kanister mitgewirkt, wodurch sich das mit dem Umschütten allgemein und ohne Bezug zu einem Kraftfahrzeug liegende Risiko verwirklicht.