Der Kläger unterhielt bei der beklagten privaten Krankenversicherung zunächst eine Versicherung zum Volltarif. Ab dem 01.03.2013 wurde diese in den Notlagentarif gem. §§ 193 Abs. 7 VVG, 12 h VAG a.F. umgestellt. Mit Bescheid vom 28.07.2014 bewilligte er Sozialhilfeträger rückwirkend ab 24.03.2014 Leistungen nach dem SGB XII und der Kläger ist seit dem 01.08.2014 im Basistarif versichert. Im Februar und Mai 2014 musste sich der Kläger Krankenhausbehandlungen unterziehen. Die Beklagte erkannte ihre Erstattungspflicht aus den diesbezüglichen Rechnungen über insgesamt € 9.911,92 an und nahm eine Verrechnung in entsprechender Höhe mit rückständigen Beiträge vor. Die Klage auf Auszahlung der Rechnungsbeträge wurde zurückgewiesen.
Das OLG sah in der Verrechnung rechtstechnisch eine Aufrechnung, die zulässig gewesen sei.
Es wies in den Entscheidungsgründen darauf hin, dass die Zulässigkeit der Aufrechnung strittig sei. Dies betreffe sowohl den Notfall- als auch den Basistarif (wobei es allerdings Rechtsprechung nur zum Basistarif gäbe, nicht zu dem erst 01.08.2013 eingeführten Notfalltarif. Nach Darlegung der Meinung in der Literatur führt das OLG aus, dass es die Aufrechnung auch im Notlagentarif für statthaft halte. Ein gesetzliches Verbot der Aufrechnung bestünde im Bereich der privaten Krankenversicherung nicht. Vielmehr sähen §§ 394 S. 2 BGB und 35 VVG ausdrücklich die Aufrechnungsmöglichkeit vor. Bei der Einführung des Notlagentarifs habe der Gesetzgeber auch ein Aufrechnungsverbot nicht normiert. Dieses sei aber erforderlich, um eine Aufrechnung durch den privaten Krankenversicherer auszuschließen. Aus den bestehenden Regelungen zum Notlagentarif, auch in Abgrenzung zu den Regelungen des Basistarifs, ließe sich ein solches nicht herleiten. Ebenso findet sich in der Gesetzesbegründung kein Anhaltspunkt der darauf schließen ließe, dass überhaupt eine Erörterung dieser Frage stattgefunden hätte. Eine Anmerkung in einer Antwort der Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in BT-Drucks. 16/13892, S. 33 (die Materialien des Gesetzes findet sich in BT-Drucks. 17/402 und 17/13947) ließe sich allenfalls als eine Rechtsansicht oder Absichtserklärung verstehen, die dann nicht umgesetzt worden sei.
Ebenso ließe sich nicht aus Sinn und Zweck der Regelung ein Aufrechnungsverbot erschließen. § 193 Abs. 4 S. 5 VVG sei von Gesetzes wegen kein Tarif für Hilfsbedürftige, da ein Hilfsbedürftiger gar nicht erst in diesen Tarif käme; es würde sich um einen Tarif für den nicht hilfsbedürftigen säumigen Beitragsschuldner handeln. Dieser sei aber weder schutzwürdig noch schutzbedürftig. Schutzbedürftig könne nur der Hilfsbedürftige sein, der er aber nicht ist. Zwar suggeriere der vom Gesetzgeber verwandte Terminus „Notlagentarif“ , dass sich der Versicherungsnehmer in einer wirtschaftlichen Notlage befinde. Die Ausgestaltung zeige allerdings, dass der Tarif lediglich dem Umstand Rechnung trägt, dass der Versicherungsnehmer nicht die geschuldeten Beiträge zahlt, und zwar unabhängig von dem Grund. Damit handele es sich in der Sache um einen „Nichtzahlertarif“.
Ein Vergleich mit dem Basistarif (bei dem die Aufrechnung in der Rechtsprechung umstritten ist, ohne dass es eine höchstrichterliche Entscheidung dazu gibt) würde hier ein Aufrechnungsverbot auch nicht rechtfertigen können. Es fehle an der Vergleichbarkeit. Dort würde geregelt, dass dem Leistungserbringer ein Direktanspruch gegen den privaten Krankenversicherer zusteht.
Der Versicherungsvertrag ruht bei Beitragsrückstand; in diesem Fall gilt der Notlagentarif nach § 193 Abs. 6 VVG.