Die Haftung nach §§ 833f BGB fordert die Verursachung eines Schadens durch eine typische Tiergefahr, d.h. durch ein der tierischen
Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten des Tieres (RGZ 80, 237, 239; BGHZ 67, 129, 132f). Dies wird z.B. angenommen, wenn es durch das Scheuen eines Pferdes zu einem
Schaden kommt (BGH VersR 1986, 1206). Allerdings muss das tierische Verhalten nicht die einzige Ursache für den Schadenseintritt sein. Es genügt, wenn das Verhalten des Tieres für die
Entstehung des Schadens adäquat mitursächlich ist.
Die Klägerin stand auf der unteren Treppenstufe, um mit einem Besen Schnee von der Treppe zu fegen. Dabei sah sie, wie sich der Hund des Beklagten auf ihre Katze stürzte und diese am Kopf packte. Dies veranlasste sie, mit dem Besen zu den Tieren zu eilen, um mit dem Besen den Hund (den sie gut kannte) zu vertreiben. Aufgrund der winterlichen Glätte stürzte sie. Zwar stand sie wieder auf, stürzte aber danach gleich wieder, wobei streitig ist, ob sie stürzte, da der Hund sie streifte, oder aus sonstigen Gründen. Sie zog sich Verletzungen zu. Das Landgericht wies die Klage ab, da sich keine spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberlandesgericht (OLG) das landgerichtliche Urteil nach Anhörung der Parteien ab, gab der Klage dem Grunde nach statt, stellte fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall zu ersetzen und verwies im Übrigen den Rechtsstreit an das Landgericht zurück.
Das OLG ging von dem von der Klägerin geschilderten Sachverhalt zu Geschehensablauf aus, den der Beklagte nicht habe sehen können.
Nach § 833 S. 1 BGB hafte der Tierhalter für einen Schaden, den ein Dritter „durch“ das Tier erleide. Es handele sich um eine verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung, ähnlich § 7 StVG), die nicht nur dann bestünde, wenn eine unmittelbare Verletzung durch ein Tier erfolge (z.B. durch Beißen), sondern bereits dann, wenn eine Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen sei. Ein mittelbarer Zusammenhang oder eine Mitverursachung sei für die Haftung nach § 833 S. 1 BGB ausreichend.
Diese Rechtsansicht des OLG ist zutreffend und basiert auf gefestigter Rechtsprechung. So hat bereits das Rechtsgericht in seiner Entscheidung vom 20.02.1902 - VI. 399/01 - (RGZ 50, 2018, 221 f) den ausgeführt, dass n Ansehung der Angabe im Gesetz „durch ein Tier“ eine mittelbare Verursachung genügt, wenn ein kausaler Zusammenhang bestünde. Dem folgte z.B. auch das OLG Hamm mit Urteil vom 19.05.1980 - 13 U 61/80 - (ein Hund sprang auf einen Vorbeigehenden zu, der sich erschrak und deshalb stürzte) und das OLG Saarbrücken mit Urteil vom 17.01.2006 - 4 U 615/04 - (mehrere Pferde blockierten die Fahrbahn, mit einem Pferd kollidierte der dabei getötete Motorradfahrer, wobei es das OLG für ausreichend hielt, dass eines der blockierenden Pferde das des dortigen Beklagten war, da die Blockade ursächlich war), ferner der BGH in seinem in VersR 1967, 67 veröffentlichten Urteil, bei dem es zur Kollision mit einer Kuh kam, die einer Herde ausgebrochener Kühe angehörte, und eine Haftung des Tierhalters bejaht, obwohl der Motorradfahrer nicht durch den Sturz im Zusammenhang mit der Kollision mit einer tödlich verursachet, sondern wegen eines Fahrfehlers eines Lkw, der ihn überrollte).
Für den zur Entscheidung durch das OLG stehenden Vorgang nahm dieses einen mittelbaren Zusammenhang zutreffend an. Die Klägerin sei erst durch den Angriff des Hundes auf ihre Katze dazu veranlasst worden, dieser zu Hilfe zu eilen. Es merkte an (was im Rahmen des Mitverschuldens zu prüfen ist), dass es wohl von der Klägerin unklug gewesen sei. Sich trotz der winterlichen Verhältnisse schnell auf die Tiere zuzubewegen, doch sei zu berücksichtigen, dass sie ohne nähere Überlegung zu den Gefahren eines eventuell glatten Bodens zulief, da ein Vertreiben des Hundes mit dem Besen wesentlich erfolgversprechender schien als ein bloßes Zurufen. Die Reaktion der Klägerin sei kausal durch das Verhalten des Hundes des Beklagten herausgefordert worden.
Das OLG ließ es auch dahinstehen, ob sich die Klägerin die Verletzungen bereits bei dem ersten Sturz oder bei dem zweiten Sturz zuzog, auch, ob für den zweiten Sturz ursächlich ein Streifen des Hundes war. Der zweite Sturz habe jedenfalls im unmittelbaren Zusammenhang mit dem ersten Sturz gestanden; wäre die Klägerin nicht durch das Verhalten des Hundes zum Eingreifen veranlasst worden und dabei gestürzt, wäre sie auch nicht beim Aufstehen zum zweiten Mal gestürzt.
Der Anspruchsteller muss den Nachweis erbringen, dass sich die Tiergefahr d verwirklichte, auf Grund derer er einen Anspruch gegen den Tierhalternach der gefährdungshaftungsnorm des § 833 S. 1 BGB durchsetzen will. Im vorliegenden Fall sind Ponys durchgegangen, unter denen auch Tiere des Beklagten waren. Sie galoppierten in einen Feldweg, in dem ihnen der Geschädigte mit seinem Mountainbike entgegenkam. Er verklagte die Versicherungsnehmerin der jetzigen Klägerin, die ihrerseits dem jetzigen Beklagten den Streit verkündete. Dem Geschädigten, der seitdem querschnittgelähmt ist, wurde ein Schmerzensgeld von € 350.000,00 zugesprochen. Nunmehr macht die Haftpflichtversicherung der ursprünglich verklagten Versicherungsnehmerin Regressansprüche gegen den Beklagten geltend, und zwar prozentual in dem Verhältnis der beteiligten Ponys.
Der BGH negierte eine Interventionswirkung der Streitverkündung mit dem Hinweis darauf, diese wirke nur zwischen den Parteien und damit nicht zugunsten der jetzigen Klägerin (Versicherung). Allerdings bejahte es im Ergebnis den Anspruch. Für die Tierhalterhaftung käme es nicht darauf an, dass hier die Tiere des Beklagten selbst dem Mountainbikefahrer zu nahe kamen, da das tierische Verhalten nicht die einzige Ursache für den Schadenseintritt sein müsse. Es reiche eine Mitverursachung oder mittelbare Verursachung aus. Vorliegend sind alle Ponys gemeinschaftlich durchgegangen, was ausreichend sei, ohne dass es nun darauf ankäme, welches Pony eventuell dem Geschädigten zu nahe gekommen sei und den Fall letztlich verursacht habe.