Streitgegenständlich war eine Klage auf Schmerzensgeld aufgrund einer Körperverletzung durch den Einsatz von Pfefferspray durch den Beklagten; der Beklagte hatte damit den nicht ordnungsgemäß angeleinten Hund der Klägerin abgewehrt (streitig war, ob der Pfefferspray auch gegen die Klägerin eingesetzt wurde). Die Klägerin verlangte ein Schmerzensgeld in Höhe von € 1.200,00. Mit Grundurteil hatte das Amtsgericht einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils von 25% für gerechtfertigt erklärt. Das Landgericht als Berufungsgericht hatte die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, da es von einer Beschwer des Beklagten von € 550,00 (und damit unterhalb der erforderlichen Beschwer von über € 600,00) ausging; dabei führte es aus, dass ein Schmerzensgeld von € 1.200,00 überzogen sei und bei Berücksichtigung des Mithaftungsanteils nur eine Beschwer von € 550,00 gegeben sei. Die dagegen vom Beklagten beim BGH erhobene Rechtsbeschwerde war erfolgreich und führte zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Fehle es wie hier an der Zulassung der Berufung, so sei diese zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von € 600,00 übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Ein Zwischenurteil über den Grund sei in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen (§ 304 Abs. 2 Halbs. 1 ZPO). Bei Rechtsmitteln richte sich die Festsetzung des Wertes gem. § 2 ZPO nach den Vorschriften der §§ 3 ff ZPO. Dabei könne das Rechtsbeschwerdegericht nur prüfen, ob das Berufungsgericht die Grenzen des ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder von diesem fehlerhaft Gebrauch gemacht habe (BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZB 72/22 -). Hier sei der Wert vom Landgericht rechtsfehlerhaft mit € 550,00 angenommen worden.
Zu den Grundlagen des maßgeblichen Wertes einer Berufung führte der BGH aus, dass sich dieser nach dem Betrag bestimme, um den der Berufungskläger nach seinem Vortrag durch das erstinstanzliche Urteil in seinem Recht verkürzt worden sei und in dessen Höhe er mit seinem Berufungsantrag eine Abänderung des Urteils beantrage. Bei einer unbeschränkt eingelegten Berufung des beklagten entspräche damit der Wert des Beschwerdegegenstandes dem Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung. Bei einem Grundurteil gem. § 304 ZPO bemesse sich der Wert der Berufung des beklagten nach der Höhe der Klageforderung bzw. dem Bruchteil desselben, zu dem der Klage nicht stattgegeben wurde (BGH, Beschluss vom 26.11.2009 - III ZR 116/09 -).
Vorliegend sei damit zugrunde zu legen, dass das Amtsgericht durch das Grundurteil festgestellt habe, dass der Klägerin wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB das mit der Klage geltend gemachte Schmerzensgeld (nach Klageantrag € 1.200,00) dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils von 25% zustehe. Damit aber übersteige der Beschwerdewert den betrag von € 600,00, weshalb die Berufung zulässig sei. Wäre der Klägerin das Schmerzensgeld dem Grunde nach ohne Mithaftungsanteil zugesprochen worden, würde sich die Beschwer des beklagten auf € 1.200,00 belaufen (BGH, Beschluss vom 07.12.2020 - VI ZR 300/18 -).
Zutreffend habe das Landgericht bei der Bemessung der Beschwer (25%) berücksichtigt. Allerdings sei dieser im (nach dem Grundurteil folgenden) Betragsverfahren nur als einer der Umstände bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, die in ihrer Gesamtheit zur Ermittlung des angemessenen Schmerzensgeldes führen würden (BGH, Urteil vom 12.03.1991 - VI ZR 173/90 -). Auch wenn sich der Mithaftungsanteil erst im Betragsverfahren auf die Höhe des Schmerzensgeldes auswirke, könne diese Feststellung aus dem Grundurteil für die Beschwer im Rahmen der Berufung gegen das Grundurteil nicht unberücksichtigt bleiben. Damit sei von der Beschwer des Beklagte, die sich bei einem uneingeschränkt stattgebenden Grundurteil ergäbe (€ 1.200,00) ein Abzug des Mithaftungsanteils von 25% vorzunehmen.
Das Landgericht war allerdings vorliegend der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld von € 1.200,00 (ohne Mithaftungsteil) bei der Art der Verletzung überzogen sei, da die körperlichen Beschwerden bei eingehender ärztlicher Behandlung in überschaubarer Zeit abgeklungen seien, die Klägerin zudem bereits vor dem Ereignis unter einer depressiven Störung und Angst gelitten habe. Dazu aber hatte das Amtsgericht im Grundurteil keine Feststellungen getroffen, sondern ausgeführt, dass Ausmaß, Dauer und Folgen der Verletzung umstritten seien, weshalb die Höhe des Schmerzensgeldes – auch ein Mindestmaß – noch nicht bemessen werden könnten. Hätte allerdings das Amtsgericht zu diesen Umständen im Grundurteil Ausführungen gemacht, wären sie – so der BGH – unzulässig und für das Betragsverfahren nicht bindend (BGH, Urteil vom 15.10.2953 - III ZR 182/52 – in BGHZ 10. 361, 362: Enthält ein Grundurteil unzulässigerweise eine Entscheidung zur Höhe, die dem Betragsverfahren vorbehalten blieb, kann dies nicht in Rechtskraft erwachsen; dies gilt nach BGH, Urteil vom 20.12.2005 - XI ZR 66/05 - auch zu Ausführungen zur Höhe im Grundurteil bei vorbehaltenen Betragsverfahren).
Damit aber könnten solche Umstände auch nicht vom Berufungsgericht zur Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes gegen das Berufungsurteil herangezogen werden. Dass gar das Berufungsgericht ausführte, bei einer Verurteilung im Betragsverfahren zu einem Schmerzensgeld von über € 600,00 könne der Beklagte er immer noch Berufung einlegen, berücksichtigte nicht die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Grundurteils; der BGH wies daher auch treffend darauf hin, dass Gegenstand des Betragsverfahrens alleine die Höhe des Schmerzensgeldes sei, Einwendungen gegen den Grund des Anspruchs (Haftung als solche oder Mitverschuldensquote der Klägerin) dort ausgeschlossen seien.
Anmerkung: Vorliegend hatte die Klägerin offensichtlich einen bezifferten Schmerzensgeldantrag gestellt. Möglich wäre es auch, einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag zu stellen, bei dem dann allerdings - im Hinblick auf eine Feststellung einer eigenen Beschwer der Klägerin für eine Berufung - eine Vorstellung zur Höhe desselben benannt werden sollte. In diesem Fall wäre nach den vorgenannten Grundsätzen des BGH auch dieser Betrag als Grundlage für die Beschwer des Beklagten bei einem Grundurteil zu berücksichtigen.
Im Rahmen eines Streits über eine Betreuervergütung hatte die Beteiligte zu 1. gegen die Festsetzung durch das Amtsgericht Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht zurückgewiesen wurde und die Zulassung der Rechtsbeschwerde abgelehnt. Auf die Anhörungsrüge hin hatte das Landgericht zwar dieser in der Sache den Erfolg versagt, allerdings mit der Begründung die Rechtsbeschwerde zugelassen, da es zur Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör der Beteiligten zu 1. verletzt habe, insoweit es die in der Rügeschrift benannten Fundstellen abweichender rechtlicher Beurteilungen zur Sache nicht berücksichtigt habe.
Der BGH hatte (gleichwohl) die Rechtsbeschwerde mangels wirksamer Zulassung nach § 70 FamFG als nicht statthaft und damit unzulässig verworfen. Danach hat der BGH die Ordnungsgemäßheit der Zulassung der Rechtsbeschwerde, die nach einer Anhörungsrüge erfolge, selbst insoweit zu prüfen, ob diese die Voraussetzungen für die Zulassung begründe.
Zulässig sei eine Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 FamFG dann, wenn diese in der Beschlussformel oder den Gründen vom Beschwerdegericht zugelassen würde. Dies war hier nicht der Fall gewesen. Vielmehr erfolgte erst nachträglich, nachdem die Beteiligte zu 1. Anhörungsrüge erhoben hatte. Diese nachträgliche Zulassung würde aber den BGH entgegen § 70 Abs. 2 S. 2 FamFG nicht binden; die nachträgliche Zulassung sie entbehre einer verfahrensrechtlichen Grundlage. Zwar könne das Beschwerdegericht auch nachträglich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Anhörungsrüge (§ 44 FamFG) eine Rechtsbeschwerde bindend zulassen, wenn ein Verstoß gegen das zu gewährende rechtliche Gehör eines Beteiligten vorgelegen habe (BGH, Beschluss vom 14.06.2023 - XII ZB 517/22 -). Vom Grundsatz könne das Unterlassen einer Rechtsbeschwerde nicht das rechtliche Gehör verletzen, weshalb die nachträgliche Zulassung, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde Vortrag der Verfahrensbeteiligten im Hinblick auf die Zulassungsentscheidung verfahrensfehlerhaft übergangen habe oder infolge der Anhörungsrüge das Verfahren fortgesetzt werde und sich erst dann aus dem sodann gewährtem rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergäbe (BGH, Beschluss vom 14.06.2023 - XII ZB 517/22 -).
Beide Varianten lagen im vorliegenden Fall nicht vor. Es wurde im Rahmen der ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht kein Vortrag der beteiligten zu 1. übergangen. Erstmals im Rahmen der Anhörungsrüge seien von der Beteiligten zu 1. Fundstelen für abweichende rechtliche Beurteilungen im Hinblick auf die Sachentscheidung benannt worden, die in der Beschwerdeentscheidung nicht einbezogen worden seien. Eine Gehörsverletzung schloss der BGH aus, da es sich nicht um Vortrag im Rahmen des Beschwerdeverfahrens bis zur Beschwerdeentscheidung gehandelt habe, dieser also nicht habe übergangen werden können, sondern erstmals im Rahmen der Anhörungsrüge eingeführt worden sei. Von daher habe nicht gestützt darauf die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgen können. Da zudem das Beschwerdegericht das Verfahren auch mangels eines Gehörsverstoßes nicht fortgesetzt habe (§ 44 Abs. 5 FamFG), habe sich ein Zulassungsgrund für die Rechtsbeschwerde auch nicht im Rahmen einer Fortsetzung des Verfahrens ergeben können. Der BGH wies aber auch darauf hin, dass selbst bei einer Fortsetzung des Verfahrens durch das Beschwerdegericht vorliegend nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde hätte rechtfertigen können, da eine Gehörsverletzung durch die Beteiligte zu 1. nicht dargelegt worden sei und damit das Verfahren nicht hätte fortgeführt werden dürfen mit der Folge, dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen dieses Verfahrensverstoßes auch unzulässig wäre. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts zur Frage der Fortführung nach einer Anhörungsrüge entfalte keine Bindungswirkung und sei vom BGH selbst zu überprüfen.
Der im amtsgerichtlichen Verfahren unterlegene Beklagte hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Der Gebührenstreitwert wurde vom Landgericht auf € 300,00 festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen. Die dagegen vom Beklagten eingelegte Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde sei statthaft (§§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO), aber unzulässig, das die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen.
Der Beklagte hatte sich darauf berufen, dass der Beschluss, mit dem die Berufung zurückgewiesen worden sei, nicht ausreichend mit Gründen versehen worden sei. Dem folgte der BGH nicht. Zwar müssten Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden würde, sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen, andernfalls sie nicht mit den nach dem Gesetz (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen seien und ein die Aufhebung bedingender Verfahrensmangel vorläge; das Rechtsbeschwerdegericht habe von dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt auszugehen, §§ 577 Abs. 2 S. 1 und 4, 599 ZPO (Anmerkung: weshalb stets der vom Gericht festgestellte Sachverhalt zu prüfen und ggfls. ein Tatbestandberichtigungsantrag fristgerecht gem. § 320 ZPO gestellt werden sollte). Fehle es daran, könne das Rechtsbeschwerdegericht keine Prüfung vornehmen, was auch dann gelte, wenn die Zurückweisung wegen Nichterreichens der Berufungssumme (€ 600,00) erfolge. Die Wertfestsetzung des Berufungsgerichts könne vom Beschwerdegericht nur darauf geprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen des ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessens beachtet habe (BGH, Beschluss vom 19.01.2021- VI ZB 41/20 -).
Eine entsprechende Sachdarstellung sei aber dann entbehrlich, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel noch mit hinreichender aus den Gründen des Beschlusses ergäben (BGH, Beschluss vom 05.10.1021 - VIII ZB 69/20 -). Dies sei hier der Fall. Aus den Gründen des Beschlusses in Verbindung mit dem in Bezug genommenen Hinweisbeschlusses des Berufungsgerichts (nach § 522 ZPO) ergäbe sich, dass der Beklagte zur Unterlassung einer Beschädigung des Pkw des Klägers verurteilt worden sei und sich mit seiner Berufung dagegen wandte.
Weiterhin hatte der Beklagte, da das Berufungsgericht keine eigene Entscheidung über die Zulassung der Berufung getroffen habe, eine Verletzung seines Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip) geltend gemacht. Auch hier folgte dem der BGH nicht. Das Berufungsgericht sei bei nicht ausreichender Beschwer verpflichtet, eine Zulassungsprüfung nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen sei, dass die Beschwer der unterlegenen Partei über € 600,00 liegt und deshalb keine Prüfung der Zulassung (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) vornehme (BGH, Beschluss vom 19.01.2016 - VI ZB 69/14 -).
Allerdings ließ es der BGH hie auf sich beruhen, ob vorliegend hinreichend Anhaltspunkte bestanden haben, dass das Amtsgericht von einer € 600,00 übersteigenden Beschwer des Beklagten ausging (Zulässigkeitsvoraussetzung gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und deshalb das Berufungsgericht die Entscheidung über die Zulassung hätte nachholen müssen. Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung und damit ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung iSv. § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO läge nur dann vor, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung vorläge (BGH, Beschluss vom 29.01.2015 - V ZB 179/14 -). Dies aber sei von der Rechtsbeschwerde des Beklagten nicht geltend gemacht worden, die nur beanstandet habe, dass das Berufungsgericht keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung getroffen habe. Es sei auch vom Beklagten nicht vorgetragen worden, dass der Zugang zu einer an sich gegebenen Berufung vom Berufungsgericht unzumutbar erschwert worden sei, da es bei der Bemessung der Beschwer die Grenzen seines Ermessen überschritten oder rechtsfehlerhaft davon Gebrauch gemacht habe; ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtschutz sei daher nicht schlüssig dargetan worden.
Anmerkung: Der BGH hat in dieser Entscheidung auf die inhaltlichen Anforderungen einer Beschwerdeschrift hingewiesen. Wird einer Berufung mangels ausreichender Beschwer nicht stattgegeben, ist zwar eine Rechtsbeschwerde statthaft. Sie ist allerdings schlüssig zu begründen, indem ausgeführt wird, weshalb die Entscheidung über die Höhe der Beschwer als solche fehlerhaft ist und/oder dargelegt wird, weshalb selbst bei Nichtvorliegen einer ausreichenden Beschwer die Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen wäre.