Rechtsprechung

Immobilienrecht


Zum Grundstücksrecht allgemein siehe auch > Grundstücksrecht

Zum Kaufrecht allgemein, nicht betreffend Immobilien, siehe auch > Kaufrecht.

Zum Maklerrecht, auch betreffend Immobilien, siehe > Maklerrecht.


Fälligkeit des Eigentumsverschaffungsanspruchs und seine Verjährung

BGH, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 224/22 -

Im notariellen Kaufvertrag aus 2004 erklärten die Parteien die Auflassung mit Anweisung an den Notar, den Antrag auf Vollzug der Auflassung erst zu stellen, wenn der Kläger dem schriftlich zustimmt oder die Beklagte die Kaufpreiszahlung nachgewiesen habe (bzw. diese vom Notar festgestellt worden sei). Eine Auflassungsvormerkung für die Beklagte wurde gewahrt. Mit Klage aus 2021 begehrte der Kläger die Löschung der Auflassungsvormerkung. Dabei ging er von einer Verjährung der Übereignungsforderung der Beklagten aus. Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde mit Beschluss des OLG zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des Beschlusses des OLG und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses.

 

Dem Verlangen des Klägers würde eine Erfüllung des Anspruchs der Beklagten nicht entgegenstehen.  Der Erfüllungsanspruch bestünde so lange, bis der schuldete Leistungserfolgt eingetreten sei (§ 362 Abs. 1 BGB). Dies bedürfe hier nicht nur der Auflassung, sondern auch der Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch (BGH, Urteil vom 13.10.2023 - V ZR 161/22 -).

 

Der Anspruch auf Löschung der Vormerkung, bei der es sich um ein streng akzessorisches Sicherungsrecht handele, könne gem. § 866 BGB darauf gestützt werden, dass der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch verjährt sei. Bei der Einrede der Verjährung handele es sich um eine dauernde Einrede, die den durch Vormerkung gesicherten Anspruch dauernd ausschließen würde. Allerdings sei der Übereignungsanspruch des beklagten vorliegend nicht verjährt.

 

Ansprüche auf Übertragung des Grundstücks würden in zehn Jahren verjähren, § 196 BGB, beginnend mit der Entstehung des Anspruchs, § 200 BGB.  Ein Anspruch sei iSv. §§ 200, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und (ggf. im Wege der Klage) durchgesetzt werden könne. Erforderlich sei dafür die Fälligkeit (z.B. BGH, Urteil vom 17.12.1999 - V ZR 448/98 -). Dies gelte auch für synallagmatisch verknüpfte vertragliche Ansprüche auf Leistung und Gegenleistung bei einem Grundstückskaufvertrag. Die Verjährung für synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einen Vertragsverhältnis beginne erst mit der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs.

 

Grundsätzlich sei bei einem Kaufvertrag der Zeitpunkt dessen Abschlusses für die Entstehung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung (und damit Beginn der Verjährungsfrist) entscheidend. Etwas anders gelte aber dann, wenn (aufgrund  gesetzlicher Regelungen oder vertraglicher Vereinbarung) der Anspruch nicht mit Vertragsabschluss, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig würde.

 

 

Üblicherweise würden in einem Grundstückskaufvertrag abweichende Regelungen zur Fälligkeit des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung getroffen, um den Verkäufer davor zu schützen, dass er das Eigentum an seinem Grundstück verliert, ohne den Kaufpreis zu erhalten. Solche Regelungen könnten (wie hier) dazu führen, dass der Anspruch auf Eigentumsverschaffung erst mit dem Nachweis der Kaufpreiszahlung fällig würde. Vor eigener Erfüllung der Kaufpreiszahlungspflicht könne der Käufer nicht erfolgversprechend auf Übertragung des Eigentums klagen (auch nicht mit dem Ziel einer Zug-um-Zug-Verurteilung). Nicht ausreichend sei, die Berechtigung des Käufers, jederzeit den Kaufpreis zu zahlen (§ 271 Abs. 2 BGB) und so die Fälligkeit des Eigentumsverschaffungsanspruchs herbeizuführen. 


Kein arglistiges Verschweigen des Testamentsvollstreckers bei Unkenntnis von offenbarungspflichtigen Denkmalschutz

BGH, Urteil vom 19.03.2021 - V ZR 158/19 -

Die Denkmalschutzeigenschaft eines Gebäudes, welches Kaufobjekt ist, kann sich als Sachmangel iSv. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellen. Ein Käufer einer Immobilie darf grundsätzlich davon ausgehen, dass diese nicht unter Denkmalschutz steht, da Denkmalschutz die Ausnahme von der Regel ist. Mit dem Denkmalschutz sind Verpflichtungen und Beschränkungen für den Eigentümer verbunden, die einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung gleichkommen. So bedarf es bei Veränderungen der Genehmigung der zuständigen Behörde und das Denkmal ist in einem denkmalgerechten Zustand zu erhalten. Häufig sind sowohl Umbau wie auch Erhaltungsmaßnahmen nur unter (die Kosten erhöhenden) denkmalschutz-rechtlichen Auflagen möglich. Offen ist, ob das Gebäude in das Verzeichnis der geschützten Denkmäler aufgenommen sein muss, oder ausreichend ist, dass es in ein Verzeichnis von erkannten Denkmälern aufgenommen ist (so die Unterscheidung nach dem vorliegend zur Anwendung gekommenen Hamburger Denkmalschutzgesetz). 

 

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein notarieller Kaufvertrag vom 21.12.2009, mit dem der Beklagte als Testamentsvollstrecker (der Erbengemeinschaft gehörten der Testamentsvollstrecker, sein Bruder und seien Schwester an) aus einem Nachlass seines 1999 verstorbenen Vaters ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in Hamburg an eine KG unter Ausschluss der Sachmängelhaftung veräußerte. Weiter hieß es in dem Kaufvertrag, dass der Verkäufer darauf hinweise, dass nach seiner Kenntnis das Objekt nicht in der Denkmalschutzliste eingetragen sei, „es jedoch aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente gibt“. Tatsächlich war das Objekt in die Liste der erkannten Denkmäler aufgenommen worden und das diesbezügliche Informationsschreiben der Schwester des Testamentsvollstreckers am 17.05.2006 durch Postzustellungsurkunde zugestellt worden sowie an den beklagten Testamentsvollstrecker und seinen Bruder an die Grundstücksverwaltung gesandt worden. Der Kläger beabsichtigte das Haus zu sanieren und einer ursprünglichen Nutzung als Einfamilienhaus zuzuführen. In 2012 erhielt er im vereinfachten Verfahren eine Baugenehmigung. In 2013 wurde das Haus in die Denkmalliste eingetragen, woraufhin das Denkmalschutzamt einen Baustopp erließ. Für die geänderte Planung erhielt der Kläger eine Baugenehmigung unter Auflagen. Mit seiner Klage begehrte er als Ersatz des Minderwerts und vergeblicher Aufwendungen rund € 2,8 Mio. und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden. Der Klage wurde, nachdem das Landgericht sie abgewiesen hatte, auf die Berufung des Klägers hin vom OLG stattgegeben. Die Revision zum BGH führte zur Aufhebung des Urteils des OLG.

 

Auch wenn hier das Haus zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht in die Liste der Denkmäler eingetragen war, so war es doch in der Liste der erkannten Denkmäler eingetragen. Den Verkäufer treffe nach Ansicht des BGH eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung seien und deren Mitteilung der Käufer nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe. Dies würde auch für die Eintragung in die Liste der erkannten Denkmäler gelten. Sie löse auch nach dem Hamburger Denkmalschutzgesetz (in der Fassung bei Kaufvertragsabschluss) die bußgeldbewehrte Pflicht aus, alle beabsichtigten Veränderungen dem Denkmalschutzamt anzuzeigen, woraufhin das Denkmalschutzamt prüfen könne, ob es ein Unterschutzstellungsverfahren einleite. Eine Unterschutzstellung sei wahrscheinlich, da es sich mit der Eintragung in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler um ein Gebäude handele, wessen Erhaltung im öffentlichen Interesse läge. Vor diesem Hintergrund käme ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht. Voraussetzung wäre, da es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis erkannter Denkmäler um einen Sachmangel handele, für den hier eine Haftung vertraglich ausgeschlossen sei, dass der Beklagte vorsätzlich arglistig gehandelt habe, § 444 BGB, und setze, wegen der Sperrwirkung der Sachmängelhaftung, eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht voraus.  

 

Eine Arglist des Beklagten negierte - anders als das OLG - der BGH.

 

Abzustellen sei auf den Beklagten, da dieser die Immobilie in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker veräußert habe und damit selbst Vertragspartner des Klägers geworden sei. Nur seine Person sei, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch Kenntnis oder Kennenmüssen von Umständen beeinflusst würden, entscheidend. Nicht abgestellt werden könne auf den Fall (BGH, Urteil vom 08.04.2016 - V ZR 150/15 -), bei dem sich keiner der Verkäufer gem. § 444 Alt. 1 BGB auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen könne, wenn einer der Mitverkäufer einen Mangel arglistig verschweige. Der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker bilde mit den (hier weiteren) Erben keine Verkäufermehrheit. Mithin wäre eine eigene positive Kenntnis des Verkäufers erforderlich oder dass ihm die Kenntnis eines Wissensträgers analog § 166 BGB zugerechnet werden könne. Beides sei nicht der Fall.

 

Vorliegend habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass das Haus unter Beobachtung des Denkmalschutzes stünde. Dass er Kenntnis von einer Eintragung in eine Liste erkannter Denkmäler gehabt habe, ist nicht bewiesen. Die Kenntnis seiner Schwester sei ihm nicht zuzurechnen, das er als Testamtsvollstrecker alleine der Verkäufer war; eine Zurechnung über das Institut der „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustauschs“ käme daher hier nicht in Betracht. § 166 BGB sie hier nicht einschlägig, da nach den Feststellungen des OLG nicht davon auszugehen sei, dass der Beklagte seine Schwester damit betraut habe, bestimmte Aufgaben in Bezug auf das Grundstück zu erledigen. Auch die Rechtsprechung, dass eine Organisation im Rahmen des ihr zumutbaren sicherstellen müsse, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen an die entscheidenden Personen weitergeleitet und von diesen zur Kenntnis genommen würden, greife nicht, da eine derartige Situation zwischen dem Beklagten und seinen Geschwistern nicht vorläge. Der Erbe sei nicht kraft Erbenstellung in die Organisation des Testamentsvollstreckers eingebunden, vielmehr beschränke die Testamentsvollstreckung die Erbenstellung. Auch könne dem Beklagten nicht das Wissen der Grundstücksverwaltung zugerechnet werden, da nicht vorgetragen wurde, dass diese in die Veräußerung des Hauses einbezogen worden sei. Die Wissenszurechnung aus den Grundsätzen „Organisation eines innerbetrieblichen Informationsaustauschs“ scheide auch hier aus, da diese im Verhältnis zwischen einem Grundstücksverkäufers und einer nur mit der Verwaltung beauftragten, rechtlich und organisatorisch selbständigen Verwaltung nicht stattfinde. 


Muffiger Kellergeruch bei Altbau kann offenbarungspflichtiger Mangel sein

BGH, Beschluss vom 10.10.2019 - V ZR 4/19 -

Die Kläger erwarben unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel von der Beklagten ein Grundstück mit Einfamilienhaus. In dem Exposé des von dem Beklagten eingeschalteten Maklers wurde von einem aufwendig sanierten Einfamilienhaus und einer vollständigen Renovierung gesprochen. Die Kläger hatten die Immobilie vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages besichtigt; Feuchtigkeitsschäden im Keller waren hierbei nicht ersichtlich. Nach ihrem Einzug stellten die Kläger Feuchtigkeit an den Kellerwänden fest; nach einem Gutachten im Rahmen eines von ihnen eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens waren die Kellerwände bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Hauses an die Kläger durchfeuchtet. Ursächlich sei ein für das Baujahr 1914 typischer technischer Standard.

 

Der BGH verwies darauf, dass bei Häusern, die zu einer Zeit errichtet worden seien, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Mangel darstellen könne. Es käme auf die Umstände des Einzelfalls an, also z.B. darauf, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, der Keller Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind. Zur Sollbeschaffenheit würden auch die Eigenschaften zählen, die der Käufer nach öffentlichen Äußerungen (wie in einem Exposé) des Verkäufers erwarten dürfe.

 

 

Vorliegend sei nicht zu beanstanden, dass das OLG im Berufungsrechtszug auch unter Berücksichtigung des Exposés davon ausgegangen sei, dass weder ein sanierter noch ein zu Wohnzwecken geeigneter Keller geschuldet sei, sondern nur ein der Bauzeit geschuldeter Zustand.  Allerdings sei ein Mangel dann anzunehmen, wenn, wie klägerseits behauptet, ein muffiger oder modrig-feuchter Geruch durch die übrigen Bereiche des Hauses ziehe, der bei Öffnen der Tür sofort wahrnehmbar sei. 


Sozialbindung der Wohnung als (Rechts-) Mangel

BGH, Urteil vom 14.09.2018 - V ZR 165/17 -

In dem notariellen Kaufvertrag der Parteien hieß es: „Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Der Kläger (Käufer) verlangte von der Beklagten (Verkäuferin) die Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Feststellung, dass die Beklagte ihm zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet sei. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

 

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auf die (zugelassene) Revision hob der  BGH das Urteil auf du verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das OLG zurück.

 

Der BGH stellte fest, dass die Wohnung einen Mangel iSv. § 435 S. 1 BGB aufweise. Die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung stelle einen Rechtsmangel dar , da der Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen eingeschränkt würde (so Eigennutzung, §§ 6 WoBindG, 27 Abs. 4 WoFG, als auch Fremdnutzung, §§ 4ff WoBinfG, 25ff WoFG). Dieser Mangel ließe sich auch nicht mit der Begründung verneinen, vom Kläger sei ein kausaler Zusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung über die Sozialbindung und seinem Kaufentschluss nicht dargelegt worden, und es könne offen bleiben, ob der im Vertrag benannte Haftungsausschluss auch die Haftung für Rechtsmängel umfasse.

 

Würde man die Haftung für Rechtsmängel mit der vertraglichen Formulierung nicht als ausgeschlossen ansehen wollen, käme es, so der BGH, von vornherein nicht auf die Frage der Kausalität für den Kaufentschluss an, da die Beklagte nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 S. 1 und 437 BGB ohne weiteres für Rechtsmängel einzustehen habe.

 

Aber auch dann, wenn der vertragliche Haftungsausschluss Rechtsmängel umfassen würde, käme es auf die Kausalität nicht an. Denn die Beklagte könne sich nach § 444 BGB auf den Haftungsausschluss nicht berufen, wenn sie den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig verschwiegen habe. Dies habe das OLG offen gelassen, weshalb das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen sei.  

 

Zunächst würde das Berufungsgericht den Umfang der Freizeichnungsklausel zu prüfen haben, wobei es zu berücksichtigen habe, dass eine Freizeichnungsklausel als Abweichung vom dispositiven Recht stets eng auszulegen sei. Negiere das OLG die Anwendbarkeit auf Rechtsmängel, wäre der Klage stattzugeben. Sollte der Schadensersatzanspruch nach den zu treffenden Feststellungen des OLG ausgeschlossen sein, käme es darauf an, ob die Beklagte Kenntnis hatte, da sie dann den Kläger hätte aufklären müssen. Dabei käme es nicht darauf an, ob der Kläger die Wohnung besichtigt habe. Zwar würde für bei Besichtigung frei zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mängeln keine Offenbarungspflicht bestehen (BGH, Urteil vom 09.02.2018 - V ZR 274/16 -). Dies gelte aber nicht für die Sozialbindung, da der Rechtsmangel nicht einer Besichtigung zugänglich sei.

 

 

Sollte danach die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen haben, müsse das OLG die Verjährungsproblematik klären. Die Verjährung beginne nach 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Kläger als Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erstmals Kenntnis erlangt habe oder (ohne grobe Fahrlässigkeit) hätte erlangen müssen. 


Geltendmachung und Bewertung von Nutzungsvorteilen bei Rücktritt vom Kaufvertrag

BGH, Urteil vom 30.06.2017 - V ZR 134/16 -

Der Beklagte, der vom Kläger ein Wohnhaus in Form von Wohnungseigentum erwarb, trat vom Kaufvertrag zurück, da die Terrasse nicht genehmigt war.  Nach dem auf Rückzahlung des Kaufpreises  und weiterer vom Beklagten geltend gemachter Schadenspositionen (so die Vertragskosten) Zug um Zug gegen Rückübereignung geführten Prozess (das Urteil erging auf die mündliche Verhandlung vom 11.07.2013) der Parteien und Rückgabe (30.12.2013) verklagte nun der Kläger den Beklagten auf Ersatz der Nutzungsvorteile. Dabei ermittelte er diesen zeitanteilig linear aus dem ursprünglich vereinbarten Erwerbspreis von € 124.000,00 und einer 25-jährigen Restnutzungsdauer mit € 12.400,00. Das Landgericht hatte ein Gutachten über den Mietwert eingeholt. Nach Vorlage des Gutachtens hatte der Kläger die Klage auf den angenommenen objektiven Mietwert von € 26.862,00 erhöht. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht (OLG) hat auf die Berufung des Beklagten die Klage bis auf einen Betrag von € 1.421,00 abgewiesen. Mit der vom OLG zugelassenen Revision begehrte der Kläger seine vom Landgericht zugesprochene Forderung weiter.

 

Das OLG hatte in dem rechtskräftigen Vorprozess eine Präklusion des Klägers gesehen. Dem folgt der BGH nicht. Zwar könne eine rechtskräftige Entscheidung in einem Vorprozess zu einer Tatsachenpräklusion führen. Allerdings würden die tatsächlichen Feststellungen in einem Vorprozess nicht in Rechtskraft erwachsen. Allerdings dürfe die Rechtskraft des im Vorprozess  erhobenen Anspruchs nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, dieses Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen (BGHZ 123, 137, 140). Hat mithin ein Gericht den Streitgegenstand eines bereits rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, müsse es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seiner eigenen Entscheidung zugrunde legen. Diese Präklusionswirkung träte ein, unabhängig davon, ob die Tatsachen im Vorprozess vorgetragen und/oder bekannt seien; ausgenommen seien nur Tatsachen, die nach der mündlichen Verhandlung im Erstprozess entstanden seien.

 

Dass aber bedeute, dass die Tatsachenpräklusion nicht weiter gehe als die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess. Damit sei vorliegend der begehrte Nutzungsersatz nicht erfasst. Außerhalb des Streitgegenstandes bestehe keine Präklusion, auch wenn mit der Klage ein wirtschaftlich identisches Ziel verfolgt werde und sich die Tatsachen überschneiden würden. Tatsachen des Vorprozesses, die Gegenstand des Lebenssachverhalts gewesen seien, seien nur insoweit betroffen, als sie den Anspruch betreffen, über dem im Vorprozess entschieden wurde. Damit würde ein Verkäufer eine rechtskräftige Verurteilung zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung  eines nichtigen Kaufvertrages gehindert, in einem Folgeprozess von ihm im Vorprozess nicht geltend gemachte Vorteile zu verlangen, die der Käufer aus dem Kaufvertrag erlangt habe. Dies deshalb, da bei der Rückabwicklung des nichtigen Vertrages nur ein einziger Anspruch auf den Saldo der wechselseitigen Vor- und Nachteile  bestünde.  Dies würde aber nicht gelten, wenn erstmals ein selbständiger Anspruch aus dem gleichen Sachverhalt, wie er Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei, geltend gemacht würde.  

 

Vorliegend handele es sich um einen selbständigen Anspruch aus dem identischen Sachverhalt.

 

Nach dem nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 geltenden § 325 BGB wurde eine Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz aufgehoben. Damit konnte nicht mehr statt Rücktritt Schadensersatz (der im Falle des großen Schadensersatzes zur automatischen Saldierung führte)  verlangt werden. Mithin könne nunmehr nicht nur neben den Rücktritt Schadensersatz verlangt werden, sondern hätte die Änderung auch dazu geführt, dass der Nutzungsausgleich nicht mehr schadensersatzrechtlich sondern rücktrittsrechtlich ausgestaltet sei. Das Begehren auf Rückabwicklung sowie Zahlung eines darüber hinaus gehenden Schadens begründe den Nutzungsersatzanspruch des Verkäufers nach § 346 Abs. 2 BGB, der nicht im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei. Gleiches würde auch dann gelten, wenn der Käufer die Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung betrieben hätte, §§ 437 Nr. 3 iVm. 281 Abs. 5, 346ff  BGB.

  

Der Höhe nach sei der Nutzungsersatzanspruch des Klägers zeitlich auf den die Zeit zwischen der mündlichen Verhandlung im Vorprozess vom 12.07.2013 bis zur Rückgabe am 30.122013 und im übrigen zeitanteilig linear aus dem dem Erwerbspreis abzuleitenden Wert der Nutzung zu berechnen. abzuleiten. Nach dem Mietwert könne sich der Nutzungsvorteil des Käufers nicht berechnen, wenn dieser im Wege des Schadensersatzes seine Investitionsentscheidung rückgängig mache. Dies sei nur der Fall, wenn sich der Käufer nicht auf die Rückforderung des Kaufpreises und die mit dem Vertragsabschluss verbundenen Nebenkosten beschränke, sondern darüber hinaus Herausgabe der vom Verkäufer aus dem Kaufpreis gezogenen Nutzungen und/oder Ersatz von Finanzierungs- und/oder Betriebskosten verlange, was hier nicht der Fall gewesen sei.


Bauträger: Haftung bei Sichtbehinderung entgegen der Prospektangabe

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2015 – 3 U 4/14 -

Werbematerialien eines Bauträgers können eine Beschaffungsvereinbarung begründen (Brandenburgisches OLG vom 26.05.2013 – 12 U 115/12 -).  Dies gilt nicht nur für die Beschaffenheit des Bauobjekts als solchem. Das OLG Frankfurt hatte zu entscheiden, wie die Angaben des Bauträgers im Verkaufsprojekt bezüglich der Aussicht zu verstehen sind. Dort hatte der bauträger ausgeführt, von einer Südterrasse wären die Türme der Stadt zu sehen und eine Wohnung im Erdgeschoß wurde mit den Worten beworben, von dort gäbe es einen unverbaubaren Skyline-Blick.

 

Die Angaben im Prospekt waren auch in Bezug auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erstellung des Prospekts und des Verkaufs als auch noch bei Übergabe an den Käufer richtig gewesen. Allerdings erfolgte späterhin eine sichtbehindernde Bebauung. Die Käufer verlangten daher die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich.

 

Das OLG führte zur Begründung aus, die Sichtbehinderung stelle eine nachvertragliche Pflichtverletzung dar. Es verweist darauf, dass die Rechtsprechung eine nachvertragliche Pflichtverletzung z.B. darin sehen würde, dass der Bauträger das Restgrundstück bebaut wird oder anders bebaut wird als zugesagt. Daraus würde deutlich, dass das Integritätsinteresse des Käufers geschützt werden soll. Da hier der Bauträger selbst die Verbauung vorgenommen habe, hätte er dies auch nach § 280 Abs. 1 BGB zu vertreten.

  

Anmerkung: Wenn, wie hier, von „unverbaubar“ die Rede ist, muss m.E. nicht mehr geprüft werden, ob die Verbauung deshalb zu vertreten ist, da sie von dem Bauträger selbst vorgenommen wurde. Vorliegend hatte sich der Bauträger, nach den Entscheidungsgründen, auch darauf berufen, dass ein Dritter auch die Verbauung vorgenommen hätte. Das OLG wies lediglich diesbezüglich darauf hin, dass – sollte dies stimmen – weder eine ordnungsgemäße Aufklärung des Käufers vorläge noch das vermutete Verschulden beseitigt würde. Wenn, wie hier, der Bauträger auf den Skylineblick werbemäßig (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) abstellt, so muss er auch dafür einstehen. Er hätte mithin entweder bereits im Prospekt, spätestens aber bei Protokollierung darauf verweisen müssen, unter welchen Umständen (z.B. Abweichung von einem Bebauungsplan oder Änderung desselben pp.) diese Aussage keine Bedeutung hat. 


Schwarzgeldabrede und notarieller Kaufvertrag

OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2015 – 22 U 166/14 -

Auch wenn es verwunderlich ist, so ist doch eine Schwarzgeldabrede auch bei notariellen Kaufverträgen zwischen fremden Dritten nicht ein Ausnahmefall. Immer wieder kommt dies vor, da z.B. der Käufer die Grunderwerbsteuer (auf den Schwarzgeldanteil) sparen will, der Verkäufer eventuell Teile des Erlöses versteuern muss. Dabei denken wohl Käufer als auch Verkäufer, dass durch die Wahrung der Auflassung im Grundbuch (d.h. die Eigentumsumschreibung, § 311 b BGB, der durch die Schwarzgeldabrede nichtige Vertrag gleichwohl wirksam würde (wenn die Vertragsparteien sich überhaupt weitergehende Gedanken über Risiken machen sollten).

 

So wohl auch in dem dem OLG Hamm zur Entscheidung vorgelegten Fall: Es geht um eine Teilfläche eines Grundstücks. Mit notariellen Vertrag erwarb der Kläger ein Grundstück, welches im Kaufvertrag mit „G3 8, Flst…., Gebäude- und Freifläche, T-Straße, groß 657m²“ angegeben wurde. Dafür zahlte er gemäß notariellen Vertrag € 130.000,00 und zusätzlich „schwarz“ € 13.000,00. Später stellte in Vermesser fest, dass der kaufgegenstand noch mehr Fläche umfasste, als von den Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages angenommen. Der Kläger begehrte daher die Auflassung einer weiteren Teilfläche des Grundstücks.

Klage und Berufung waren erfolglos.

 

Der Kaufvertrag war wegen der Schwarzgeldabrede nichtig, da es an dem Beurkundungserfordernis fehlte, § 311b BGB. Zwar wird die fehlende Form bei Wahrung der Auflassung gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB geheilt. Dies gilt aber, so das OLG Hamm, dann nicht, wenn sich wie hier die Parteien über den Verkauf eines Grundstücks einigten, welches einen größeren Umfang hat als nach dem objektiven Erklärungswillen im Kaufvertrag vorgegeben und danach auch aufgelassen wurde. Der Grundsatz der falsa demonstratio non nocet (§ 133 BGB)  gilt nicht im Grundbuchrecht.


Energieausweis: Die bloße Überlassung an den Käufer  führt noch nicht zur Beschaffenheitsvereinbarung

OLG Schleswig, Urteil vom 13.03.2015 - 17 U 98/14 -

Die Sinnhaftigkeit eines Energieausweises wurde und wird in Fachkreisen weiter diskutiert. Aber er ist Pflicht bei Abschluss von Kauf- und Mietverträgen. Was aber ist, wenn dieser falsch ist ?

 

Der Beklagte ließ, auch Hinweis des Maklers, durch einen Sachverständigen einen Energieausweis für sein 1934 erbautes Einfamilienhaus erstellen und überließ diesen sodann dem klagenden Käufer vor Vertragsabschluss. Der Käufer selbst beauftragte einen Sachverständigen, der im Hinblick auf die „abweichende energetische Situation“ die dadurch bedingte Abweichung vom Verkehrswert auf rund € 22.000,00 und die jährlichen Heizkosten (ca. € 400,00/Jahr) schätzte. Die Klage des Käufers blieb in beiden Instanzen erfolglos.

 

Das OLG Schleswig verwies u.a. auf die Gesetzesmaterialien zur EnEV (BR-Drucks. 292/07, 118f), nach denen der Energieausweis und dessen Inhalt Rechtswirkungen in Kauf- und Mietverträgen nur entfalten, wenn die Vertragsparteien den Energieausweis ausdrücklich zum Vertragsbestandteil machen. Zwingend für die Gewährleistung des Verkäufers bleibt im Falle der Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 BGB der anzunehmende Erklärungsinhalt nach §§ 133, 157 BGB. Da vorliegend der Energieausweis, der überlassen wurde, selbst nur auf den informatorischen Charakter verweist, und im übrigen der Verkäufer mangels Fachkunde die Angaben auch kaum hätte prüfen können. Auch wäre im Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Der Verkäufer würde dann nur haften, wenn er arglistig gehandelt hätte, also insbesondere durch Manipulation der Grundlagen und des Inhalts des Energieausweises; weiterhin könnte der Käufer auch den vom Verkäufer beauftragten Sachverständigen aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen haben würde. 


Asbest als offenbarungspflichtiger Mangel ?

OLG Koblenz, Urteil vom  04.03.2015 – 5 U 1216/14 -

Die Verkäuferin einer Immobilie wies den Käufer nicht darauf hin, dass  die Dachplatten aus Asbestzement bestehen. Im Kaufvertrag wurde eine Haftung der Verkäuferin wegen Sachmängeln ausgeschlossen, soweit nicht Vorsatz oder Arglist bestünde.

Das OLG Koblenz führte zur Begründung aus, die Verkäuferin habe nicht ungefragt etwas zur Asbesthaltigkeit der Dachplatten erklären müssen. Nur wenn vom Asbest eine konkrete Gesundheitsgefährdung ausgehen würde, hätte eine Offenbarungspflicht bestanden. Nach Angaben eines vom Landgericht beauftragten Sachverständigen ergäben sich hier erst Risiken, wenn das Dach abgebrochen oder saniert würde, wobei dann allerdings darauf erfahrene Dachdeckerbetriebe berufen würden, die die erforderliche Sicherheit gewährleisten könnten.

Wenn allerdings  - was nach Zurückverweisung das Landgericht bei erneuter Beweiserhebung zu prüfen habe -  der Ehemann der Verkäuferin eine Asbestfreiheit erklärt haben sollte und dadurch den Käufer in die Irre geführt hätte, wäre ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz begründet.