Corona hat das (Wirtschafts-) Leben verändert. Betroffen waren letztlich alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Die Auflagen (wie Maskenpflicht, Impfung oder Testung) wurden begleitet von weitreihenden Einschränkungen in wirtschaftlichen Bereichen, wie z.B. die Schließung von Ladengeschäften und Verbot von Freizeitveranstaltungen. Betroffen waren auch die Sport- und Fitnessstudios, die bundesweit über Monate schließen mussten. Während die Betreiber von Ladengeschäften bei dem BGH einen Erfolg erringen konnten dahingehend, dass eine Mietanpassung grundsätzlich infolge der pandemiebedingten Kündigung möglich ist (so grundlegend BGH, Urteil vom 12.01.2022 - XII ZR 8/21 -), erlitt die Branche der Fitnessstudiobetreiber eine Schlappe. Der BGH gab in seinem Urteil vom 04.05.2022 - XII ZR 64/21 - einem Nutzer eines Fitnessstudio Recht, der auf Rückzahlung von Beiträgen für die Zeit der Schließung klagte.
1. Der BGH vertrat die rechtsdogmatisch sicherlich richtige Ansicht, dass ein Fall der Unmöglichkeit vorläge, §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB. Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Schuldner (hier der Betreiber des Fitnessstudios, der seine Räume zum Training dem Nutzer zur Verfügung zu stellen hat) die Leistung nicht erbringen kann. Eine objektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn diese Leistung von niemanden erbracht werden kann. Dieser Fall lag nach den Feststellungen des BGH vor, da in dem fraglichen Zeitraum vorliegend vom 16.03. bis 04.06.2020 die Fitnesseinrichtungen im örtlichen Bereich coronabedingt aufgrund hoheitlicher Maßnahmen schließen mussten. Es läge auch kein nur vorübergehendes Leistungshindernis vor, da die geschuldete Leistung monatlich zu zahlen war und der Nutzer einen Anspruch darauf habe das Studio regelmäßig und ganzjährig nutzen zu können und dieser Vertragszweck während der Schließungszeit nicht erreichbar sei. Von daher sei die geschuldete Leistung nicht nachholbar.
Diese Ansicht des BGH ist nicht zwingend. Wenn ein Vertrag auf (hier) 24 Monate geschlossen wird und es zu einer objektiven Unmöglichkeit der Zurverfügungstellung von knapp drei Monaten kommt, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Nachholbarkeit nach Ende der regulären Vertragslaufzeit nicht gegeben sein sollte, erst recht dann, wenn bei Wiederaufnahme des betriebs der Nutzer die Einrichtung im Rahmen des Vertrages weiter nutzt. Hier müsste jedenfalls zur Negation der Nachholbarkeit geprüft werden, ob dies noch nach dem Vertragszweck, auf den der BGH abstellt, für den Nutzer möglich ist.
2. Einen Anspruch des Betreibers des Fitnessstudios auf Vertragsanpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), den der Senat im Verhältnis Mieter - Vermieter in seinem Urteil vom 12.01.2022 annahm, schloss der BGH hier aus. Liege ein Fall der Unmöglichkeit iSv. §c 275 BGB vor, greife § 313 BGB nicht.
Entgegen einer in der Rechtsprechung abgenommenen Auffassung, dass sich der Vertrag für die Zeit der Schließung verlängert, schließt dies der BGH mit Hinweis darauf aus, dass eine Anpassung nach den Grundsätzen des § 313 Abs. 1 BGB dann nicht in Betracht käme, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimme. Damit scheide § 313 BGB aus, soweit der Tatbestand des § 275 BGB erfüllt sei.
Der vorliegende Fall der rechtlichen Unmöglichkeit der Leistungserbringung sei von der Regelung des § 275 Abs. 1 BGB erfasst mit der Folge, dass der Fitnessstudiobetreiber seinen Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB verloren habe. Daneben sei eine Anpassung nach § 313 Abs. 1 BGB nicht möglich. Gegenstand des § 313 Abs. 1 BGB sei eine durch die Veränderung der Geschäftsgrundlage ausgelöste Störung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Eine Anpassung sei aber nicht mehr möglich, wenn - wie bei §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 BGB - die wechselseitigen vertraglichen Leistungsverpflichtungen entfallen seien. (Anmerkung: In dem Urteil zur Höhe der geschäftsraummiete vom 12.01.2022 hatte der BGH darauf abgestellt, dass dem Mieter seine Leistungen - Mietzahlungen - nicht rechtlich unmöglich wurden und der Vermieter seiner Leistungspflicht - in Form der Zurverfügungstellung der Räume - weiter nachkam, also kein Fall der Unmöglichkeit nach § 175 Abs.1 BGB gegeben war).
Weiter merkte der BGH (zustimmend zu der Feststellung im Berufungsurteil) an, dass die vom Fitnessstudiobetreiber begehrte Anpassung des Vertrages im Ergebnis nicht darauf ausgerichtet sei, , den Vertrag den durch COVID-19 veränderten Umständen anzupassen, sondern die für ihn wirtschaftlich nachteiligen Folgen der Unmöglichkeit zu korrigieren, was nicht Zweck der Regelung zur Störung der Geschäftsgrundlage sei.
3. Zudem scheide nach Ansicht des BGH eine Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB auch im Hinblick auf Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB aus, da der Gesetzgeber mit dieser Regelung für die Pandemie eine spezielle Vorschrift geschaffen habe, die die wirtschaftlichen Folgen der Unmöglichkeit korrigiere. Eine Anpassung nach § 313 Abs. 1 BGB sei nicht möglich, wenn - wie hier - der Gesetzgeber das Risiko der Vertragsstörung erkannt und eine spezielle Norm geschaffen habe. Danach habe der Betreiber der Einrichtung die Möglichkeit, dem Nutzer einen Gutschein zu übergeben, dessen Wert dem nicht nutzbaren Teil der Berechtigung entspräche. Dies sei - im Interesse der Unternehmer und Kunden eine abschließende Regelung, um die Folgen der Pandemie abzufangen.
Dass dieser Gedanke zu kurz gefasst ist, zeigt sich schon zum Zeitpunkt der Entscheidung des BGH. Nach Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB hat der Gutscheinempfänger bei Nichtnutzung des Gutscheins sich dessen Wert jedenfalls nach dem 31.12.2021 auszahlen lassen. Zum Zeitpunkt des Erlasses hatte der Gesetzgeber nämlich schlicht unbeachtet gelassen, dass eine mögliche weitere Schließungswelle pandemiebedingt notwendig werden könnte, die dann auch von November 2020 bis Mai 2021 erfolgte. Der Gutschein brachte dem Betreiber der Einrichtung lediglich für die die Schließungen März bis Juni 2020 eine mittelfristige finanzielle Entlastung, nicht aber für den Zeitraum ab November 2020: Der Gutschein war letztlich sofort auf Wunsch durch Auszahlung einzulösen, weshalb er im Wesentlichen keinen Sinn ergab. Soweit mithin der BGH zur Begründung seiner Entscheidung auf Ausschluss einer Vertragsanpassung nach Maßgabe von § 313 Abs. 1 BGB verweist, greift dies für das erste Lockdown (über welches zu entscheiden war), nicht für das zweite Lockdown, welches der Gesetzgeber ersichtlich nicht beachtet hatte. Nimmt man aber mit dem BGH an, dass die gesetzliche Regelung in Art. 240 § 5 EGBGB die gesetzliche Regelung der Unmöglichkeit modifizieren sollte und damit die Anwendbarkeit des § 313 BGB in ihrem Bereich ausschließen sollte, wäre doch (jedenfalls für das 2. Lockdown) § 313 BGB wieder aufzugreifen, da nach dem vom BGH benannten Willen des Gesetzgeber gerade diese Regelung im Hinblick auf die spezialgesetzliche Regelung ausgeschlossen und eine Modifikation im Interesse des Unternehmers und Kunden getroffen werden sollte.
Die Beklagte, die von Beruf im Krankenhaus angestellte Hebamme war, bot freiberuflich auf eigene Rechnung Yoga für Schwangere an. Die Klägerin war schwanger. Sie belegte den Kurs bei der Beklagten. Gleich in der ersten Kursstunde, bei Übungen im Stehen, stürzte die Klägerin und zog sich eine Commotio cerebri mit Ansomie zu; dies war auf einer Vorerkrankung der Klägerin zurückzuführen, die (so ihr Vorwurf) von der Beklagten hätte festgestellt und beachtet werden müssen. Sie verklagte die Beklagte auf materiellen und immateriellen (auch zukünftigen) Schadensersatz.
Klage und Berufung wurde zurückgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für die Folgen des Sturzes während der Yogastunde käme nicht in Betracht.
Das OLG musste abgrenzen, ob es sich vorliegend um einen Behandlungsvertrag iSv. § 630a BGB handeln würde, um einem den Fitnessstudioverträgen angepassten Vertrag oder um einen Dienstvertrag. Das Landgericht hatte einen Behandlungsvertrag mit der Begründung negiert, Gegenstand des Vertrages seien Sport- und Fitnesstätigkeiten. Dem wollte das OLG so nicht folgen. Allerdings sei ein Behandlungsvertrag auf eine medizinische Behandlung eines Menschen ausgerichtet, welches physisches oder psychisches Leid lindern solle. Typisch seien Diagnose und Therapie, wobei als Behandler nicht nur Ärzte sondern auch Angehörige anderer Heilberufe in Betracht kämen, wie auch u.a. Hebammen. Letztlich käme es für die Vertragsart aber nicht auf den Beruf des Behandlers an, sondern auf den Inhalt des Vertrages, seine Ausrichtung.
Auch wenn sich nicht generell sagen ließe, bei Yoga würde es sich generell um keine medizinische Behandlung, sondern um Sport- und Fitnesstätigkeit handeln, läge hier kein Behandlungsvertrag vor. Die Einordnung von Yoga sei eine Frage des Einzelfalls. So seien Fälle denkbar, in denen ein Yogalehrer ähnlich einem Physiotherapeuten eine auf Heilung und Linderung gerichtete Tätigkeit ausübe. Allerdings könne dies hier bereits deshalb ausgeschlossen werden, da es sich um einen Gruppenkurs und nicht eine Einzel-Behandlungsmaßnahme gehandelt habe.
Damit stünde nicht eine medizinische Behandlung sondern die Durchführung von Übungen nach Vorgabe des Kursleiters im Vordergrund. Eine anamnestische, diagnostische oder einzeltherapeutische Vorgehensweise sei der Kursunterrichtung nicht immanent. Der Vorfall, der sich auf Grund gesundheitlicher Schwächen der Klägerin ereignet haben soll, wäre daher nicht der Beklagten anzulasten, da es nicht Sache des Kursleiters sei, ungefragt eine Risiko- und Eignungsprüfung durchzuführen, auch nicht, wenn (wie hier) der Kurs speziell auf schwangere ausgelegt sei und der Kurs mit Bezug auf den Beruf der Beklagten als Hebamme beworben worden sei.
Ein Anspruch der Klägerin würde sich auch nicht aus § 280 BGB iVm. einem Dienstvertrag bzw. typengemischtem Vertrag mit dienstvertraglichem Schwerpunkt ableiten lassen, da auch hier Anamnese, Befunderhebung, Diagnose pp. nicht geschuldet seien und das entsprechende Unterlassen daher kein Verschulden darstellen könne. Dass die von der beklagten abverlangten Übungen generell für Schwangere ungeeignet seien, sei von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.
Am 28.11.2014 schlossen die Parteien einen Fitnessstudiovertrag, demzufolge der Beklagte im Studio des Klägers gegen Zahlung eines wöchentlichen Nutzungsentgelts von zunächst € 11,57 (erstes Vertragsjahr), dann € 13,56 und einer jährlichen Servicepauschale von € 19,90 trainieren konnte; der Beklagte hatte dem Lastschriftverfahren zur Abbuchung durch den Kläger zugestimmt.. Die Vertragslaufzeit war mit 12 Monaten mit jeweiliger Verlängerung um 12 Monate vereinbart, sollte nicht vor 3 Monate vor Ablauf gekündigt werden.
Mit Schreiben vom 29.09.2015 kündigte der Beklagte. Mit seiner Klage machte der Kläger das Nutzungsentgelt für den Zeitraum 04.01. bis 30.11.2016 mit € 643,14 sowie die Servicepauschale von € 19,90 und weiterhin Rücklastgebühren von € 8,00, entstanden durch Rückrufe des beklagten von Lastschriften geltend.
Im Verfahren berief sich der Beklagte darauf, die Kündigungsfrist sei nicht wirksam vereinbart. Ihm sei ein nutzungsvertrag nicht überlassen worden.
Das Amtsgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Der Einwand des Beklagten sei nicht erheblich. Selbst wenn, vom Kläger bestritten, der beklagte kein Vertragsexemplar erhalten haben sollte, wäre es doch zu einer wirksamen Vereinbarung mit dem Inhalt des vom Kläger vorgelegten Vertragsexemplars gekommen. Die Aushändigung des Vertrages sei nicht Wirksamkeitsvoraussetzung. Die schriftliche Fixierung diene lediglich dazu, den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung nachzuvollziehen und im Streitfall zu beweisen. Da die Kündigungsfrist von drei Monaten zum 30.11.2015 nicht eingehalten sei, schulde der beklagte das Nutzungsentgelt bis zum 30.11.2016. Der Umstand, dass er nach Ausspruch der Kündigung das Studio nicht mehr in Anspruch genommen habe, würde den Entgeltanspruch nicht tangieren; der Kläger erbringe seine geschuldete Leistung durch Ermöglichung der Nutzung. Auch würde die Servicepauschale für das Nutzungsjahr 2015/16 geschuldet. Die Bankrücklastkosten könne der Kläger aufgrund des Widerspruchs des Beklagten gegen den Einzug ebenfalls verlangen, da der Einzug vertragsgemäß erfolgte.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Berufung wurde nicht eingelegt.