Lange Zeit wurde in Rechtsprechung und Literatur darum gestritten, ob der Umzug eines Nutzers in Ansehung der Entfernung des neuen Wohnortes zum Fitnessstudio eine fristlose Kündigung des Nutzungsvertrages rechtfertigt. Immer mehr Gerichte haben sich der von uns vertretenen Auffassung angeschlossen, ein Umzug, egal ob privat oder berufliche veranlasst, rechtfertige nicht die fristlose Kündigung. Dies hat nun der BGH bestätigt.
Maßgebliches Kriterium der Betrachtung eines möglichen Kündigungsrechts des Nutzers ist, in wessen Sphäre der Kündigungsgrund liegt. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung nach §§ 314, 626 BGB nur möglich, wenn der Kündigungsgrund in der Sphäre des Kündigungsgegners liegt. Dies sei bei einem Wohnortwechsel nicht der Fall.
Der BGH verweist auf seine DSL-Entscheidung vom 11.11.2010 - III ZR 57/10 -, die auch bisher schon häufig in den untergerichtlichen Entscheidungen zur Negation des Kündigungsrechts benannt wurde. Dort hatte der DSL-Anschlussteilnehmer sein Kündigungsbegehren mit der Begründung verfolgt, an seinem neuen Wohnort keinen DSL-Anschluss zu haben. In der Kritik dieser Entscheidungen wurde darauf verwiesen, der BGH habe einen Sonderfall aus dem Telekommunikationsbereich geregelt. Vorliegend stellt der BGH klar, dass er dort allgemein auf die zu beachtenden Sphären verwiesen habe. Soweit der Gesetzgeber in Ansehung seiner damaligen Entscheidung eines Änderung des Telekommunikationsrechts (Sonderkündigungsrecht nach § 46 Abs. 8 S. 3 TKG) vorgenommen habe, sei diese Norm nicht analog heranzuziehen. Für eine Analogie bedürfte es einer planwidrigen Regelungslücke. Diese sei nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe durch § 46 Abs. 8 S. 3 TKG lediglich den Verbraucherbeschwerden und den damit einhergehenden wettbewerbsmindernden Effekten im Bereich der Telekommunikation Rechnung tragen wollen (so BT-Drucks. 17/5707, S. 70).
Nachdem das AG Aschaffenburg der Klage eines Fitnessstudios auf weiteres Nutzungsentgelt nach Kündigung durch den Nutzer wegen Wohnortwechsels stattgegeben hatte, wies das Landgericht mit seinem
Beschluss den Nutzer im Berufungsverfahren darauf hin, dass es beabsichtige die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (worauf das Rechtsmittel zurückgenommen wurde). Zum Thema
"Wohnortwechsel" wies das Landgericht darauf hin, dass zwar Dauerschuldverhältnisse wie hier nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden könnten. Voraussetzung wäre
aber, dass der Grund nicht im Risikobereich des Nutzers läge. Der Umzug, unabhängig vom persönlichen Grund, läge aber in seinem Risikobereich.
Die Nutzerin, die kurz vor dem Abitur stand, schloss mit einem Fitnessstudio in der Nähe von Offenbach/Main einen Nutzungsvertrag über 24 Monate. Sie beabsichtigte, nach dem Abitur in Frankfurt
oder Gießen zu studieren. Dort fand sie aber keinen Studienplatz und bekam im Vergabeverfahren einen solchen in Bamberg. Bedingt durch den Umzug und mit der Begründung der örtlichen Distanz
kündigte sie den Nutzungsvertrag fristlos. Das AG Bamberg hatte die Klage des Fitnessstudios auf Zahlung des weiteren Nutzungsentgeltes. Auf die Berufung gab das LG Bamberg mit dem benannten
Urteil - zu dessen Begründung gem. § 540 Abs. 1 S. 1,2 ZPO auf die Darlegungen im Protokoll der Verhandlung verwiesen wurde - vollumfänglich statt. Es verwies darauf, dass der
Umzug in der Privatsphäre der Nutzerin lag, wobei sie bei Vertragsschluss nicht davon ausgehen konnte, in der Nähe des Fitnessstudios einen Studienplatz zu erhalten.
Die Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist, dass es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist, bis zum vertraglichen Ende zuzuwarten. Allgemein gilt, dass dies dann der Fall ist, wenn der Kündigungsgrund vom
Kündigungsgegner gesetzt wurde. Wird allerdings der Kündigungsgrund aus Vorgängen abgeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des
Kündigenden stamme, ist eine fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich aus Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden
gesetzlichen Bestimmungen (BGH vom 11.11.2010 - III ZR 57/10 -, MDR 2011, 148f). Zwar stellt der Wohnortwechsel, auf Grund dessen der Kündigende die Leistungen des Fitnessstudios nicht mehr in
Anspruch nehmen kann, ein nachvollziehbares Interesse dar, dem Betreiber nicht weiterhin Entgelt zahlen zu müssen; allerdings trägt der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag abschließt,
grundsätzlich das Risiko, diese Leistungen wegen Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr in Anspruch nehmen zu können. Da die Gründe für den Wohnortwechsel in der Sphäre des
Nutzers liegen und vom Anbieter nicht beeinflussbar sind (BGH aaO.), kann er sich zur fristlosen Kündigung des Vertrages nicht erfolgreich darauf berufen.
Das Landgericht wies den Nutzer darauf hin, dass es beabsichtige, seine Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückzuweisen, mit dem das Amtsgericht der Klage eines Fitnessstudios auf Zahlung weiteren Nutzungsentgelt trotz fristloser Kündigung wegen Umzugs statt gab. Wie das Amtsgericht wies auch das Landgericht darauf hin, dass der Kündigungsgrund einzig der eigenen Sphäre des Nutzers entspringt, und dies nicht dem Kündigungsgegner entgegengehalten werden könne (das Landgericht verweist auf eine Entscheidung des BGH vom 11.11.20120 - III ZR 57/10 -). Die Berufung wurde zurückgenommen.
Der Nutzer zog aus dem Rhein-Main-Gebiet (Nähe von Frankfurt) nach Köln. Seine darauf gerichtete fristlose Kündigung hielt das Gericht nicht für gerechtfertigt. Es wies darauf hin, dass nur ausnahmsweise Gründe, die der Sphäre des Kündigungsgegners entzogen und nur der Sphäre des Kündigenden zuzurechnen sind, eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten. Hier läge das Risiko bei dem Nutzer, der einen 24-Monats-Vertrag abgeschlossen hatte.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 11.11.2010 - III ZR 57/10 - betreffend die Kündigung eines DSL-Vertrages stellt das Amtsgericht mit der herrschenden Rechtsprechung fest, dass die Kündigung der Nutzerin wegen Umzugs aus dem Frankfurter Raum nach Mönchengladbach selbst dann keinen Kündigungsgrund darstelle, wenn dieser Umzug berufsbedingt wäre.
Die Nutzerin zahlte das Nutzungsentgelt für die letzten zwei Monate mit der Begründung einer fristlosen Kündigung infolge eines Umzugs aus dem Hanauer Raum nach Weilburg nicht mehr. Das Amtsgericht gab der Klage des Betreibers des Fitnessstudios statt. Es sah das durch Umzug begründete Hindernis alleine in der Sphäre der Nutzerin, was nach der Entscheidung des BGH in einer Entscheidung zu einem Krankheitsfall differenzierte, ob der Ausschluss vom Nutzer beeinflussbar war oder nicht. Im Hinblick auf die DSL-Entscheidung des BGH bejahte das Amtsgericht bei einem Umzug die Zurechenbarkeit und hat daher einen Kündigungsgrund nach § 314 BGB negiert.
Der Nutzer hatte einen Zeitarbeitsvertrag für ein bestimmtes Objekt, Da dies auslief, wurde ihm gekündigt und er zog aus dem Raum Frankfurt in den Raum Bad Oeynhausen. Deshalb kündigte er. Das Amtsgericht gab der auf Nutzungsentgelt für die restliche Vertragslaufzeit gerichteten Klage statt, da kein Kündigungsgrund gem. § 314 BGB vorläge. Dabei wies es darauf hin, dass der Nutzer mit der Möglichkeit eines Endes des Arbeitsverhältnisses hätte rechnen müssen. Er hätte gegebenenfalls vereinbaren müssen, dass er im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses kündigen kann, was nicht erfolgte.
Das Amtsgericht schloss sich der mittlerweile als herrschend anzusehenden Rechtsprechung an, das ein Umzug keine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dies gelte auch bei einem berufsbedingten Umzug. Begründet hat dies das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 09.02.2012 - XII ZR 42/10 -, dort insbes. Rdz. 30, damit, dass es sich bei dem Umzug einzig um einen in der Sphäre des Nutzers liegenden Umstand handeln würde.
Nach Auffassung des Amtsgerichts kann ein Umzug nie einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen, auch dann nicht, wenn dieser (wie hier) ausbildungsbedingt erfolge. Insoweit verweist das Amtsgericht auf die Entscheidung des BGH vom 11.11.2010 - III ZR 57/10 .
Die fristlose Kündigung, so das Amtsgericht, ist bei Umzug weder nach § 314 BGB noch nach § 626 BGB berechtigt, da es sich um ein einzig dem Nutzer zuzuordnendes Risiko handelt.
Auch das AG Leverkusen hat nunmehr entschieden, dass der Umzug (hier von Hofheim am Main nach Leverkusen) keinen Grund für eine
fristlose Kündigung darstellt. Die Rechtsprechung zur Schwangerschaft sei nicht übertragbar, da hier auch die Wertung des Art. 6 GG zu berücksichtigen. Der Umzugsgrund läge einzig in der Sphäre
des Nutzers, weshalb auch nicht die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht zu ziehen sind. Der Nutzer wusste im übrigen, dass der Betreiber nur in Hofheim ein Studio hat und
hätte es daher einplanen müssen, dass sein Arbeitgeber ihn aufgrund arbeitsvertraglichen Weisungsrechts versetzt und er dann die Einrichtung nicht mehr nutzen kann.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin einen Vertrag über eine Laufzeit von 24 Monaten geschlossen. Streitig war, ob ihm auch die Möglichkeit gegeben wurde, einen kürzeren Vertrag abzuschließen. Er kündigte den Vertrag, da er zurück zu seiner Frau und seinen Kindern in das Saarland zog; dies erfolgte nach seinen Angaben, da er aus familiären und finanziellen Gründen unter einer behandlungsbedürftigen Depression leide.
Das Amtsgericht gab der Zahlungsklage statt. Die fristlose Kündigung sei nicht berechtigt gewesen. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 314 BGB habe nicht bestanden, da der Grund hier nicht aus der Sphäre des anderen Vertragspartners (des Fitnessstudios) stamme.
Der Umzu g aus privaten Gründen stelle stets einen in die Sphäre des Umziehenden fallenden Umstand dar, da es seine freie Entscheidung sei, seinen Lebensmittelpunkt im Hinblick auf die Familie wieder zu ändern. Die Entscheidung des BGH vom 11.10.2010 - III ZR 57/10 – sei hier übertragbar, da auch dort der BGH darauf abstellte, dass die Unmöglichkeit der Nutzung von dem Kündigenden ausgeht und von daher unbeachtlich sei. Der Vertrag stelle eine Kalkulationsgrundlage für den Betreiber des Fitnessstudios dar, er dafür Sorge tragen müsse, dass dich seine aufgewandten Kosten amortisieren.
Auch wenn dem Beklagten nach seiner Behauptung kein Vertrag über eine kürzere Laufzeit angeboten worden sein sollte, wäre die Kündigung nicht gerechtfertigt. Gegen eine Vertragslaufzeit von 24 Monaten bestünden keine Bedenken. Diese Laufzeit habe der Beklagte bewusst in Kaufgenommen.
Auch gegen die Vorfälligkeitsregelung bei Verzug mit mindestens zwei Beiträgen bestehen nach Auffassung des Amtsgerichts gem. § 307 Abs. 1 BGB. Das Amtsgericht verweist diesbezüglich auf die Entscheidungen des OLG Brandenburg NJW-RR 2004, 273, OLG Celle NJW-RR 1995, 371 und LG Bonn vom 05.08.2014 – 8 S 103/14).
Das Urteil wurde im Berufungsrechtszug vom LG Zweibrücken (Urteil vom 20.09.2016 - 3 S 22/16 -) bestätigt; lediglich in Bezug auf die Entscheidung zur Vorfälligkeit hat es das Urteil insoweit geändert, als es nach § 257 ZPO auf künftige Zahlung verurteilte.