Bürgschaft


Bürgenhaftung nach Insolvenz des Schuldners einer Werkleistung (§ 650f Abs. 2 S. 2 BGB)

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.02.2019 - 29 U 81/189 -

Die Klägerin plante und baute als Nachunternehmerin der A GmbH (Hauptunternehmerin) zwei Haustreppenanlagen in Einfamilienneubauten ein. Die Beklagte verbürgte sich für die Vergütungsforderungen gegen die Hauptunternehmerin zur Erfüllung deren Sicherungspflicht nach § 648a BGB a.F. (heute: § 650f BGB), wobei der Text der Norm sinngemäß in die Bürgschaftsurkunde übernommen worden sei.  Nachdem die A GmbH gegen ein von der Klägerin wegen ihres offenen Vergütungsanspruchs Versäumnisurteil erwirkt hatte, wurde über das Vermögen der A GmbH während der laufenden Einspruchsfrist das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Vergütungsanspruch der Klägerin wurde in der Folge vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt.

 

Mit der vorliegenden Klage nahm die Klägerin die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage als derzeit noch nicht fällig ab. Das OLG änderte das Urteil ab und gab der Klage Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde und Abtretung der Werklohnforderung (mit Ausnahme eines Gewährleistungseinbehalts) statt.

 

Das OLG verweist darauf, dass die Regelung des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) gegenüber dem allgemeinen Bürgschaftsrecht ein zusätzliches formales Fälligkeitskriterium  zum Schutz des Bestellers und des Bürgen enthalte, dem die sachliche Auseinandersetzung um die Hauptforderung erspart werden solle. In § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) heißt es:

 

Das Kreditinstitut oder der Kreditversicherer darf Zahlungen an den Unternehmer nur leisten, soweit der Besteller den Vergütungsanspruch des Unternehmers anerkennt oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen werden darf.

 

Die Erfüllung dieses Kriteriums sei notwendige Bedingung für die Inanspruchnahme des Bürgen, der - wenn er wie  hier nicht auf Einwendungen verzichtet hat - nicht an ein mögliches Anerkenntnis durch den Hauptschuldner wie auch ein rechtskräftiges Urteil gegen diesen nicht gebunden sei, sondern Einwendungen des Hauptschuldners uneingeschränkt wie eigene erheben könne. Die Gegenansichten würden nicht überzeugen und Sinn und Zweck des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) verkennen. Allerdings sei die Berufung hier unabhängig davon begründet.

 

Die notwendige Bedingung entsprechend § 488 Abs. 2 S. 2 BGB (heute: § 650f Abs. 2 BGB) sei unabhängig davon eingetreten, ob hierfür das Versäumnisurteil ausreiche, obwohl das Insolvenzverfahren während der laufenden Einspruchsfrist eröffnet worden sei und damit zur Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 ZPO geführt habe, da jedenfalls die nach § 648a Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (heute: § 650f Abs. 2 S. 2 BGB) erforderliche Fälligkeitsvoraussetzung durch die Feststellung zur Insolvenztabelle erfüllt sei, die wie ein rechtskräftiges Urteil wirke, § 178  Abs. 3 InsO; dies könnte zudem (worauf es aber nicht ankäme) auch als Anerkenntnis angesehen werden.

In der Feststellung der Forderung durch den Insolvenzverwalters liege die (die Fälligkeit der Forderung nach § 641 Abs. 1 S. 1 BGB begründende) Abnahme der Werkleistung, wofür auch der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig war; daran sei die Beklagte als Bürgin auch gebunden, da die Abnahme zur planmäßigen Durchführung des Werkvertrages gehöre. Mit der Abnahme läge die Darlegungs- und Beweislast für Werkmängel bei dem Besteller und damit hier der Beklagten als Bürgin. Hier seien substantiiert keine Mängel behauptet worden.

 

 

Da der Bauvertrag einen Gewährleistungseinbehalt von 5% vorsehe, sei dieser Betrag bei dem geltend gemachten Zahlungsanspruch in Abzug zu bringen. Der Verweis der Klägerin darauf, dass im Prozess gegen die Hauptunternehmerin A GmbH ein Annahmeverzug festgestellt worden sei, hindere den Abzug nicht, da der Bürge an dieses Urteil nicht gebunden sei.