Rechtsprechung

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Auf dieser Homepage werden Entscheidungen und Hinweise zu Rechtsentwicklungen in der Regel nur kurz dargestellt. Es werden Verweise auf unsere anderweitigen Publikationen (qua Link) erfolgen, damit der interessierte Leser dort weiterlesen kann. 

 

Im nachfolgenden Blog sind die neuesten auf dieser Seite veröffentlichten Entscheidungen kurz (mit einem Link zu ihnen) dargestellt.

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Die Links zu den Blogbeiträgen führen auf die entsprechende Seite, auf der in der Regel mehrere Artikel finden. Die Blogbeiträge sind nach den Daten der besprochenen Entscheidungen sortiert, das jüngste Datum befindet sich immer oben. Die Überschriften der Beiträge entsprechend den Überschriften der Blogbeiträge.

 

 

Kaufpreis, § 6 ZPO, oder Ausnahme Restkaufpreis, § 3 ZPO

OLG Koblenz, Beschluss vom 17.02.2025 - 3 W 53/25 -

 

Der Streitwert einer Auflassungsklage wird grundsätzlich gemäß § 6 ZPO nach dem Verkehrswert (in der Regel der Kaufpreis) bestimmt. Ist hier nur noch ein geringer Restkaufpreis streitig (hier mit € 17.310,10 6,02% des Kaufpreises für die Eigentumswohnung) liegt der wirtschaftliche Wert des Verfahrens für den mit Auflassungsvormerkung gesicherten Kläger weit unter dem Verkehrswert. Der Zugang zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Damit ist nach § 3 ZPO der Streitwert auf die Höhe des Restkaufreises zu begrenzen.

 


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Gerichtsvollziehergebühren: Versuch der gütlichen Einigung nach § 802b ZPO

OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.11.2024 - 2 W 88/24 -

 

Die Rechtslage wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

 

Der Gerichtsvollzieher hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht zu sein, §§ 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 802b ZPO, wofür er dann auch die Gebühren nach Nr. 207 und 208 KV GvKostG beanspruchen kann.

 

Bei Durchführung desselben Auftrages entstehen die Gebühren nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal, § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG. Der Versuch einer gütlichen Einigung im Zusammenhang mit der Einholung einer Vermögensauskunft ist damit eine Einheit mit dem Versuch im Zusammenhang mit einer Beantragung und Vollstreckung eines Haftbefehls. Die Gebühr für den Versuch einer Einigung entsteht, auch wenn der Versuch in beiden Fällen erfolgt, nur einmal.

 


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Mietminderung bei Rauchen auf Nachbarbalkon ?

AG Remscheid, Urteil vom 02.05.2024 - 7 C 5/24 -

 

Eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Wohnung einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich mindert.

 

Dies ist nicht der Fall, wenn ein Mitbewohner auf seinem Balkon raucht und nicht notwendig Rauch oder Gerüche in die Wohnung des vom Rauch gestörten Mieters einzieht (z.B. da bei einer Vielzahl von Fenstern nur einige geschlossen bleiben müssen) bzw. in die Wohnung gelangter Rauch bzw. Gerüche nicht durch Lüften wieder entfernt werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein exzessives Rauchen vorliegt.

 


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Rechtliche Gehör und Überspannung der Anforderung an Sachvortrag für psychische Beeinträchtigung nach Verkehrsunfall

BGH, Beschluss vom 11.02.2023 - VI ZR 185/24 -

 

Der Grundsatz lautet, Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen.

 

Bei der Geltendmachung von Schadensersatz wegen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit kann vom Kläger nicht verlangt werden, genaue Kenntnisse medizinischer Zusammenhänge zu haben. Er muss auch keine die Verletzung ausweisende medizinische Bescheinigung vorlegen. Wird mehr verlangt, liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor.

 

Daher reicht bei psychischen Beschwerden (hier durch Drittwirkung) die Beschreibung derselben, wenn es sich nach der Behauptung um „pathologisch feststellbare Gesundheitsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich“ handelt.  Das Gericht hat dann Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben.

 


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Fehlende Eigensicherung des Fahrgastes im Bus kann Schadensersatzanspruch entgegenstehen

AG München, Urteil vom 18.10.2024 - 338 C 15281/24 -

 

Nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 BOKraft ist ein Fahrgast im Bus verpflichtet, sich stets einen festen Halt zu verschaffen. Dabei kommt es bei jedem einzelnen Fahrgast auf die individuellen Besonderheiten und Gegebenheiten an, die im Zeitpunkt des Bremsmanövers des Busses vorliegen. Zu berücksichtigen sind so auch Alter und mögliche Schwerbehinderung.

 

Da eine (plötzliche) verkehrsbedingte Vollbremsung eines Busses, insbesondere im Stadtverkehr, nicht auszuschließen ist, ist es nicht ausreichend, wenn sich der Fahrgast nur mit einer Hand an einem Handlauf festhält, die andere Hand auf einem Trolley legt (der zudem bei einer Vollbremsung herumgewirbelt wird). Ist der Fahrgast schon älter (hier: 71 Jahre) und führt er einen Gegenstand wie einen Trolley mit sich, so hätte er zur eigene Sicherung auch einen Sitzplatz zu nehmen (wenn ein solcher frei ist).

 


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Fiktiver Schadensersatz: Grundlage Referenz- oder Vertragswerkstatt bei Eigenreparatur?

AG Chemnitz, Urteil vom 16.08.2024 - 16 C 284/24 -

 

Das AG Chemnitz schloss sich zu der Fragestellung dem Beschluss des OLG Köln Beschluss vom 09.01.2017 - I-5 U 81/16 - an.  Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug regelmäßig von einer markengebundenen Vertragswerkstatt warten, kann dies zwar einem Verweis des Schädigers auf eine andere Werkstatt entgegenstehen, da die Vermutung begründet wird, dass der Geschädigte ein besonderes Interesse an einer Reparatur in einer markengebundenen Vertragswerkstatt hat.  Macht der Geschädigte allerdings fiktiven Schadensersatz nach einer Eigenreparatur geltend, widerlegt er damit die Vermutung an einem besonderen Interesse an einer Reparatur in einer markengebundenen Vertragswerkstatt und muss sich grundsätzlich an eine andere Werkstatt verweisen lassen, deren Kosten dann maßgeblich für die fiktiven Reparaturkosten sind.

 


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Einholung vorbereitende Auskunft durch Finanzgericht und Wahrung rechtlichen Gehörs

BFH, Beschluss vom 16.01.2025 - VIII B 110/23 -

 

Das Finanzgericht, welches zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eine Auskunft / Unterlagen vom Finanzamt anfordert (§ 79 Abs. 1 S. 2 N. 3 FGO), hat dies den Parteien mitzuteilen (§ 79 Abs. 2 FGO). Unterlässt es diese Mitteilung und stützt es sich im Urteil auf diese Auskunft / Unterlagen, liegt darin ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), da eine Partei zu weitergehenden Vortrag keine Veranlassung hat, wenn sie keine Kenntnis von der eingeholten Auskunft / Unterlage hat (selbst wenn sie ihr inhaltlich bekannt sein sollte). Beruht das Urteil auf der fehlenden Information der Partei(en), ist es wegen Verletzung rechtlichen Gehörs aufzuheben und das Verfahren an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

 


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Lastenfreistellung im Grundstückskaufvertrag und Pflicht und Haftung des Verkäufers

BGH, Urteil vom 06.12.2024 - V ZR 229/23 -

 

Häufig wird bei Grundstückskaufverträgen das Direktzahlungsmodell angewandt (der Verkäufer muss die Lasten im Grundbuch selbst aus dem Kaufpreis ablösen, der fällig wird, wenn dem Notar die Löschungsunterlagen vorliegen). In diesem Fall hat hat der Verkäufer eine Erfolgspflicht und muss die Löschungsunterlagen besorgen. Er gerät in Verzug, wenn im Kaufertrag nichts benannt ist, innerhalb von sechs Wochen bis zwei Monaten nach Abschluss des Kaufvertrages.

 

Ist der zur Löschung vorzulegende Grundschulbrief bei dem Grundbuchgläubiger nicht mehr auffindbar, und wussten dies die Kaufvertragsparteien bei Abschluss des Vertrages nicht, muss der Grundbuchgläubiger ein Aufgebotsverfahren einleiten und zur Löschung ist der Ausschließungsbeschluss vorzulegen.

 

Bei Kenntnis der Kaufvertragsparteien von dem Verlust des Grundschuldbriefes verlängert sich die Frist zu Vorlegung der Löschungsunterlagen durch den Verkäufer, nicht aber dann, wenn er keine Kenntnis hat und von daher die Löschungsunterlagen dem Notar nicht fristgerecht vorliegen.

 

Grundsätzlich haftet der Verkäufer nach Ablauf der Vorlegungspflicht dem Käufer auf Schadensersatz. Dies setzt Verschulden des Verkäufers voraus. Kann er die Unterlagen (hier den Grundschuldbrief) nicht vorlegen, da er bei dem Grundschuldgläubiger abhanden kam, und wusste der Verkäufer dies nicht und wurde das Aufgebotsverfahren alsbald nach Feststellung des Verlustes eingeleitet, scheidet eine Haftung aus, da er den Verzug nicht vertreten hat; der Grundbuchgläubiger ist nicht Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Verkäufers zur Vorlage der Löschungsunterlagen. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer scheidet in diesem Fall aus.

 


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Kollision mit Linksabbieger bei Verstoß gegen faktische Überholverbote

OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss vom 08.10.2024 - 12 U 78/24 -

 

 

Der Anscheinsbeweis zu Lasten des Linksabbiegers greift allenfalls, wenn es zu einer Kollision zwischen einem ordnungsgemäß Überholenden kommt und der Überholer dem Linksabbieger unmittelbar folgt, nicht wenn der Überholer eine Kolonne überholt.

 

Eine (auch stehende) Kolonne darf grundsätzlich überholt werden. Dies setzt aber voraus, dass ein anders Fahrzeug nicht die Sicht auf den vorausliegenden Verkehrsraum verdeckt.  Ist bei einer stehenden bzw. anfahrenden Kolonne unklar, wie sich die einzelnen Fahrzeuge in der Kolonne verhalten werden, hat das von hinten anfahrende Fahrzeug einen Überholvorgangs zurückzustellen.

 

Faktische Überholverbote durch die Zeichen 295, 298 und 222 sind zwingend zu beachten. Mit ihnen wird ein Auffahren auf die Gegenfahrspur untersagt. Ein linksseitiges Vorbeifahren an Fußgängerquerungshilfen (trotz Zeichen 222) ist ein grober Verkehrsverstoß, mit dem ein schnelles Fortkommen über die Sicherheit der Straßenverkehrs gestellt wird und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Die Missachtung mehrfacher hintereinander befindlicher faktischer Überholverbote lässt einen Verstoß des Abbiegenden gegen die 2. Rückschaupflicht zurücktreten.


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Gebührenstreitwert bei Klage auf Nachbesserung gegen Bauunternehmer

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.12.2024 - 19 W 80/24 -

 

Der Wert einer Klage auf Beseitigung von Bauwerkmängeln durch den Beklagten orientiert sich an den objektiv erforderlichen Kosten (Angreiferinteresseprinzip); geringere Kosten des Werkunternehmers, da er die Leistungen zu erbringen hat, können von ihm nicht eingewandt werden. Bei der gebotenen Schätzung kann der in einem vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren in einem Gutachten festgestellte Kostenaufwand zugrunde gelegt werden und ist um die Preissteigerung im Zeitraum zwischen Erstellung des Gutachtens und der Erhebung der Klage zu erhöhen (hier auf Grundlage des Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes für Wohngebäude). Eine Preissteigerung nach Erhebung der Klage ist bei der Wertbemessung gem. § 40 GKG nicht zu berücksichtigen.

 


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Pflichtteilsstrafklausel modifiziert und Berichtigung des Grundbuchs

Kammergericht, Beschluss vom 28.01.2025 - 1 W 37/25 -

 

Die Pflichtteilsstrafklausel soll dazu dienen, einen gesetzlichen Erben bei Versterben des ersten Erblassers nicht von seinem Pflichtteilsrecht Gebrauch zu machen, indem er für diesen Fall auch für den zweiten Erbgang auf seinen Pflichtteilsanspruch beschränkt wird. Beinhaltet das notarielle Testament eine solche Klausel, ist zur Grundbuchberichtigung (Umschreibung auf Erben) ein Erbschein erforderlich.

 

Enthält die Pflichtteilsstrafklausel in dem gemeinschaftlichen Testament die Regelung, dass der Verlust der Schlusserbenstellung (durch Beschränkung auf den Pflichtteil) nur eintritt, wenn der überlebende Ehegatte neu testiert, bedarf es nur dann der Vorlage eines Erbscheins, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein neues Testieren des überlebenden Ehegatten vorliegen; die Möglichkeit eines neuen Testaments durch diesen reicht nicht aus.

 


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Kausaler Zusammenhang zwischen „Betrieb“ des Fahrzeugs und Schadensursache

OLG Dresden, Urteil vom 01.10.2024 - 4 U 446/24 -

 

Eine Schadensverursachung nach § 7 StVG muss durch den Betrieb des Fahrzeugs bedingt sein, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fahrzeugführer verkehrswidrig verhalten hat (sogen. Gefährdungshaftung). Ein Schaden ist bereits dann beim Betrieb eines Fahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren verwirklicht haben, also das Schadensgeschehen durch das Fahrzeug (mit)geprägt wurde. Die Gefährdungshaftung besteht bei allen mit dem Betrieb des Fahrzeugs oder seinen Betriebseinrichtungen zusammenhängenden Unfällen, soweit ein örtlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang mit dem Betrieb des Kraftahrzeuges oder dem Versagen seiner Betriebseinrichtung besteht.

 

Das Betanken eines Kraftfahrzeugs hängt eng mit dessen Betrieb zusammen und das Öffnen des Benzinkanisters soll dem Tankvorgang dienen. Entzündet sich der Benzinkanister aber vor Beginn der Einfüllung in das Fahrzeug, ist das Fahrzeug an einem dadurch verursachten Schaden unbeteiligt und verwirklicht sich mithin keine dem Fahrzeug innewohnende Gefahr. Eine Haftung nach § 7 StVG scheidet aus.

 


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Erhöhung Stellplatzmiete bei Wohnungsmietvertrag mit Stellplatz

BGH, Hinweisbeschluss vom 22.10.2024 - VIII ZR 249/23 -

 

Ist mit dem Mietvertrag über Wohnraum auch ein Stellplatz mietvermietet, sind im Falle einer Mieterhöhung die §§ 588 ff BGB auch für den Stellplatz anzuwenden. Es kann hier die Erhöhung für die Wohnung formal mit einem Mietspiegel begründet werden, demgegenüber diejenige für den Stellplatz mit Vergleichsstellplätzen begründet werden kann, auch wenn dies nicht in § 558a Abs. 2 BGB benannt ist, da die Norm keine abschließende Aufzählung enthalte.

 

Die Höhe des zulässigen Mietzinses ergibt sich aus der ortüblichen Miete, § 558 Abs.2 S. 1 BGB. Offen bleibt – da es hier nicht darauf ankommt - ob die ortsübliche Vergleichsmiete iSv. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB bei Vorliegen eines einheitlichen Mietverhältnisses über eine Wohnung und einen Stellplatz durch die Heranziehung eines Mietspiegel für die Wohnung und unter Zugrundelegung der ortsüblichen Stellplatzmiete für den Stellplatz bestimmt werden kann oder ob auf die ortsübliche Vergleichsmiete für das gesamte Mietobjekt abzustellen ist,

 


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Streitwert bei Räumungsrechtsstreit, fehlender Tatbestand und Berufungsbegründung

BGH, Beschluss vom 07.08.2024 - XII ZB 121/24 -

 

Das Berufungsgericht hat den Wert des Beschwerdegegenstandes nach §§ 2, 3 ZPO nach freien Ermessen zu bestimmen. Bei einer Räumungsklage richtet sich der nach §§ 8, 9 ZPO. Beruft sich der Mieter auf eine Fortdauer des Mietvertrages, ist nach § 9 ZPO der 3 ½-jährige Betrag des jährlichen Entgelts der Wert.

 

Enthält das Urteil keinen Tatbestand (da z.B. das Gericht fehlerhaft von einer fehlenden Berufungsmöglichkeit ausgeht, § 313a Abs. 1 ZPO), genügt der Berufungsführer seiner Pflicht zur Berufungsbegründung nach § 520 ZPO nicht, wenn er sich lediglich auf den fehlenden Tatbestand beruft. Er muss sich auch in diesem Fall mit den Entscheidungsründen des Urteils auseinandersetzen und aufzeigen, weshalb in der Sache eine andere Entscheidung hätte ergehen müssen.

 


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Nutzung von Gehweg und falscher Straßenseite bei Überqueren einer einmündenden Seitenstraße durch Radfahrer

LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 19.07.2024 - 12 O 23/23 -

 

Das Befahren mit einem Fahrrad eines Gehweges durch einen Erwachsenen (ohne Kind) verstößt gegen § 2 Abs. 5 StVO. Grob verkehrswidrig ist es auch, auf der linken Straßenseite (hier: auf dem linken Gehweg) zu fahren.

 

Will der einen Gehweg befahrene Radfahrer eine einmündende, mit einem Stoppzeichen versehene Straße überqueren, entfällt für ihn das den Verkehrsteilnehmern auf der Fahrbahn gegenüber der Seitenstraße zustehende Vorfahrtsrecht. Vielmehr gilt für ihn zum Einen § 10 StVO, wonach bei Einfahren und Anfahren eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen ist. Zum Anderen hat er auch § 25 StVO zu beachten, wonach (der Fußgänger) die Straße nur überqueren darf, wenn kein Verkehr kommt, da er diesem gegenüber grundsätzlich kein Vorrangrecht hat.

 

Fährt der Fahrradfahrer in dieser Situation gegen ein sich aus der Seitenstraße auf die vorfahrtsberechtigte Straße vortastende Fahrzeug, haftet er wegen groben Verkehrsverstoßes alleine; die Betriebsgefahr des Pkw tritt demgegenüber vollkommen zurück.

 


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Örtlicher Bereich der gemeinsamen Betriebsstätte

LAG Nürnberg, Urteil vom 10. Oktober 2024 - 5 SLa 26/24 -

 

Der Begriff der „gemeinsamen Betriebsstätte“ erfasst ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf von Mitarbeitern verschiedener Unternehmen, welches sich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. Im Einzelfall reicht auch als notwendige Arbeitsverknüpfung, dass Beschäftigte verschiedener Unternehmen zwar nicht sachlich ergänzende oder unterstützende Maßnahmen verrichten, wegen einer räumlichen Nähe aber eine Verständigung über den Arbeitsablauf erforderlich ist und hierzu konkrete Absprachen (evtl. stillschweigend) getroffen werden.

 

Erst mit dem Verlassen des Bereichs, in dem das Zusammenwirken erfolgt, wird der Gefahrenbereich verlassen und kann nicht mehr von einer gemeinsamen Betriebsstäte gesprochen werden.

 


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Nichtbeachtung des geänderten klägerischen Sachvortrages

BGH, Beschluss vom 20.11.2024 - VII ZR 191/23 -

 

Eine Partei eines Rechtsstreits ist nicht gehindert, ihren Vortrag im Laufe des Verfahrens zu präzisieren oder auch zu ändern. Steht der neue Vortrag im Widerspruch zum alten Vortrag, ist er gleichwohl zu berücksichtigen und sind für diesen neue Vortrag ggf. angebotene Beweise, wird der neue Vortrag bestritten, zu erheben. Die Berücksichtigung des neuen Vortrages und die Erhebung dafür angebotener Beweise darf nicht von einer Begründung des Vortragswechsels und/oder Beweisen dafür abhängig gemacht werden. Die Nichtberücksichtigung des neuen Vortrages stellt sich als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung und Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) dar. Der erfolgte Vortragswechsel kann vom erkennenden Gericht erst im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berücksichtigt werden.

 


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Haftung bei Kollision zwischen dem überholenden Fahrzeug und dem mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Gegenverkehr

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 05.08.2024 - I-7 U 57/24 -

 

Überholt ein Pkw einen Lkw und kommt es dabei zu einem Zusammenstoß mit einem die Straße in Gegenrichtung fahrenden Pkw, der mit einer höheren als der zulässigen Geschwindigkeit fährt (hier 112 km/h statt 100 km/h), stellt sich der Verkehrsunfall für den zu schnell fahrenden Pkw-Fahrer als unabwendbar dar, wenn sich in dem Unfall keine auf das zu schnelle Fahren zurückzuführende Gefahrenlage aktualisiert. Der Unfall darf in diesem Fall weder örtlich noch zeitlich vermeidbar gewesen sein, noch dürfen sich die Personen- und Sachschäden wesentlich anders darstellen gegenüber einer zulässigen Geschwindigkeit.

 


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Berechnung des Stundensatzes bei (fiktiven) Haushaltsführungsschaden

BGH, Urteil vom 05.11.2024 - VI ZR 12/24 -

 

Der Verlust der Fähigkeit, weiterhin Haushaltsarbeiten zu verrichten, kann als ersatzfähiger Schaden sowohl nach den tatsächlich entstandenen Kosten für eine Haushaltshilfe als auch fiktiv geltend gemacht werden. Bei fiktiver Geltendmachung hat eine Schätzung des Stundenlohnes zu erfolgen, § 287 ZPO. Die Schätzung ist zu begründen.

 

Der Verweis auf ältere Entscheidungen von Gerichten zu länger zurückliegenden Vorgängen ist zur Begründung nicht geeignet, da sich das Lohnniveau nicht ohne weiteres übertragen lässt. Auch ein Verweis auf die Zeugenentschädigung nach § 21 Abs. 1 JVEG kommt nicht in Betracht, da die Stundensätze nach dem JVEG nicht wie die Schadensschätzung nach § 287 ZPO dazu dienen, einen konkreten Schaden vollständig aber nicht übermäßig zu kompensieren.

 

Möglich ist ggf. eine Anlehnung an den Mindestlohn, wenn nachvollziehbare Gründe benannt werden, warum dieser im Einzelfall (tatsächliche Haushaltstätigkeit) bei Orientierung an durchschnittlichen Maßstäben als mögliche Vergütung einer (fiktiven) Ersatzkraft angesehen werden kann. Die fiktive Entschädigung wird auf Nettolohnbasis berechnet, weshalb der Mindestlohn nach § 1 MiLoG umgerechnet werden muss

 


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Gewinnfeststellung bei erloschener Personengesellschaft

BFH, Urteil vom 30.10.2024 - IV R 4/23 -

 

Ein Gewinnfeststellungsbescheid kann auch nach Auflösung der Personengesellschaft ergehen. Die Aufnahme der erloschenen Gesellschaft in das Adressfeld des Bescheides ist unschädlich.

 

Der Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, § 179 Abs. 2 S. 1 AO. Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand mehreren Personen zuzurechnen ist. Aus dem Bescheid muss sich ergeben, für welche Peron(en) der Gewinn festgestellt wird und wie hoch der Gewinnanteil der einzelnen Gesellschafter ist.

 


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Videoüberwachung im Nachbarstreit

AG Gelnhausen, Urteil vom 04.03.2024 - 52 C 76/14 -

 

Ein Nachbar kann sich gegen eine zur Überwachung angebrachte Videokamera wenden, die auch sein Grundstück mit aufnimmt. Schon ein Überwachungsdruck, der vorliegt, wenn die einfache Möglichkeit der Überwachung des Nachbargrundstücks (z.B. mittels eines nach außen nicht wahrnehmbaren elektronischen Steuerungsmechanismus) besteht (nicht umfasst ist der Fall, dass der Winkel der Kamera nur mit erheblichen und sichtbaren Aufwand auf das Nachbargrundstück gerichtet werden kann und nicht auf dieses ausgerichtet ist).

 

Im Einzelfall hat eine Interessensabwägung zu erfolgen zwischen den berechtigten Interessen des Betreibers der Videoanlage (z.B. zum Schutz seines Eigentums) mit den Interessen des Nachbarn (allgemeines Persönlichkeitsrecht). Besteht ein gespanntes Nachbarschaftsverhältnis, geht das Persönlichkeitsrecht vor.

 


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Schutzgesetze für Auswirkung von Gebäudeabriss auf Nachbargrundstück

OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2024 - 12 U 75/23 -

 

Anerkannt ist, dass § 1004 BGB analog als sogen. quasi-negatorischer Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch für alle deliktisch geschützten Rechtsgüter (mithin auch jenen in § 823 Abs. 1 BGB genannten) und für die durch ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB abgesicherten Interessenssphären gilt.

 

§ 12 Abs. 1 S. 1 BauO LSA verlangt die Standsicherheit jeder Anlage im Ganzen wie auch in Teilen, und zwar sowohl für die zu errichtende als auch abzureißende Anlage auf dem Grundstück des Bauherrn wie auch deren Auswirkung auf das Grundstück des Nachbarn. Bauvorschriften mit nachbarschützender Wirkung wie diese sind auch Schutzgesetze iSv. § 823 Abs. 2 BGB. § 12 Abs. 1 S. 2 BauO LSA nicht nur bei der Errichtung, sondern auch sondern auch bei dem Abriss eines Gebäudes anzuwenden.

 


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Gerichtsstand: Klage gegen verschiedene Krankenhäuser nach Tod des Patienten

OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.07.2024 - 11 UH 18/24 -

 

Zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld (§ 844 BGB)  gegen verschiedene Ärzte, die für das Ableben der Getöteten verantwortlich sein sollen und die ihren allgemeinen Gerichtsstand an verschiedenen Gerichtsorten haben, bedarf es keiner gerichtlichen Bestimmung des Gerichtsstandes, da nach dem einschlägigen § 32 ZPO (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) die Verwirklichung eines Merkmals an einem Ort (hier der Orts des Versterbens) für eine Klage gegen alle Streitgenossen ausreichend ist.

 


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Bagatellunfall: Schaden durch (Mit-) Ursächlichkeit durch Vorerkrankung

OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 02.07.2024 - 1 U 19/24a -

 

In der privaten Unfallversicherung entfällt ein Entschädigungsanspruch, wenn die Unfallfolgen minimal waren (hier: Bagatelltrauma), allerdings dann schwerwiegende Folgen (Amputation eines Zehs) aufgrund einer Vorerkrankung (hier des arteriellen Systems) auftreten, von der jedenfalls eine Mittursächlichkeit ausgeht (offen gelassen daher, ob die Vorerkrankung alleine ursächlich war).

 


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Unterlassene Zustellung der Beschlussanfechtungsklage und Anfechtungsfrist

BGH, Urteil vom 25.10.2024 - V ZR 17/24 -

 

Die Klagefrist gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft beträgt einen Monat, § 45 Abs. 1 WEG. Sodann muss die Klage „demnächst“ zugestellt werden, § 167 ZPO.

 

Zahlt der Kläger nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses diesen rechtzeitig (hinnehmbare Verzögerung bei der Zustellung durch den Kläger bis 14 Tage) ein, hat er alles getan, um seiner Mitwirkungspflicht zur Zustellung nachzukommen. Lediglich bei Nichtanforderung des Vorschusses besteht eine Nachfragepflicht. Im Übrigen muss er grundsätzlich das gerichtliche Handeln nicht kontrollieren.

 

Etwas anderes gilt allerdings in einem Beschlussanfechtungsverfahren in Wohnungseigentumssachen. Zwischen den Miteigentümern einer WEG besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, durch welches Verhaltenspflichten begründet werden (§ 14 WEG), aus dem sich auch darüberhinausgehende Treue- und Rücksichtnahmepflichten iSv. § 241Abs. 2 BGB ergeben. Die Beschlussfassung nach § 23 Abs. 1 S. 1 WEG ist ein zentrales Element der Willensbildung der WEG zur Regelung ihrer Angelegenheiten und die Ausschlussfrist ist Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten.

 

Deshalb ist der Kläger verpflichtet, einer Untätigkeit des Gerichts im Rahmen der Zustellung entgegenzuwirken. Er hat innerhalb der Frist von einem Jahr nach Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 45 S. 2 WEG iVm. § 234 Abs. 3 ZPO) zumindest bei Gericht nach dem Sachstand zu fragen, auch wenn er, so insbesondere durch Zahlung des Gerichtskostenvorschusses, seinen Mitwirkungsverpflichtungen nachgekommen ist.  Unterlässt er dies und kommt es erst danach zur Zustellung, ist die Anfechtungsfrist nicht gewahrt, da sie nicht „demnächst“ erfolgte.

 


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Prozessförderungspflicht, Versäumnisurteil und Verzögerungsgebühr

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 30.10.2024 - 21 W 35/24 -  

 

Nicht nur dem Gericht obliegt eine Prozessförderungspflicht, sondern auch den Parteien und deren Prozessbevollmächtigten. Ein schuldhafter Verstoß der Parteien und/oder deren Prozessbevollmächtigten dagegen durch grobes Verschulden oder in Verschleppungsabsicht rechtfertigt die Verhängung einer Verzögerungsgebühr, wenn infolge der Handlung ein neuer Termin anberaumt werden muss.

 

Wird aus prozesstaktischen Gründen ein Termin nicht wahrgenommen und ergeht Versäumnisurteil, gegen welches Einspruch eingelegt wird, und kommt es infolge dessen zu einen neuen Termin, liegt eine Verzögerung vor. Ein Verschulden iSv. § 38 GKG ist anzunehmen, wenn der Termin nur deshalb nicht vom klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht wahrgenommen wird, da ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben wurde, welches bis zu dem sieben Monate nach Klageerhebung liegenden Termin noch nicht vorliegt, da darin ein Verstoß gegen die Prozesssförderungspflicht, die eine konzentrierte Verfahrensführung fordert, liegt.

 


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Vorrang für Vorkaufsrecht des Mieters oder dingliches Vorkaufsrecht (für Familienangehörige)

BGH, Urteil vom 27.09.2024 - V ZR 48/23 -

 

Wurde ein dingliches Vorkaufsrecht für einen Familienangehörigen im Grundbuch gewahrt, geht diese einem Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB vor, auch dann, wenn das Mietervorkaufsrecht bereits zu einem Zeitpunkt bestand, zu dem das dingliche Vorkaufsrecht noch nicht eingetragen war.

 

Familienangehöriger ist hier auch der geschiedene Ehegatte.

 

Dieses dingliche Vorkaufsrecht führt dazu, dass nach § 1098 Abs. 2 BGB iVm. §§ 883 Abs. 2, 888 BGB Verfügungen des Eigentümers zugunsten Dritter dem dinglich Berechtigten gegenüber unwirksam sind.


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Auswechseln des Mieters in Vereinbarung zwischen Vermieter, Alt- und Neumieter (dreiseitige Vereinbarung)

OLG Dresden, Beschluss vom 08.04.2024 - 5 U 1855/23 -

 

Häufig werden Mietverhältnisse durch Vereinbarungen auf Dritte übertragen. An diesen dreiseitigen Vereinbarungen wirken der Vermieter, der Altmieter und der Neumieter mit. Kommt es zu einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen dem Vermieter, dem Alt- und dem Neumieter darüber, dass der Neumieter mit Wirkung für die Zukunft anstelle des Altmieters in den Mietvertrag mit dem Vermieter eintritt, entstehen mangels entsprechender Regelungen keine Ansprüche zwischen Alt- und Neumieter. Damit kann auch der Neumieter nicht erfolgreich gegen den Altmieter auf Räumung und Herausgabe klagen (fehlende Aktivlegitimation). Die Durchsetzung der Vereinbarung erfolgt in den jeweiligen Vertragsverhältnissen: Der Vermieter muss auf Räumung und Herausgabe gegen den Altmieter klagen (§ 546 Abs. 1 BGB), der Neumieter auf Überlassung der Mietsache an sich gegen den Vermieter (§ 535 Abs. 1 BGB).

 


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Kostenantrag des Scheinbeklagten nach Klagerücknahme

OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.09.2024 - 3 W 8/24 -

 

Auch der Scheinbeklagte hat Anlass zur Verteidigung gegen eine Klage und muss daher die Möglichkeit haben, einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO zu stellen, um sich entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO bei dem Kläger, der die falsche Zustellung veranlasste, schadlos zu halten.

 

Nach § 269 Abs. 3 S. 3 Halbs. 1 ZPO bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und die Klage daraufhin zurückgenommen wird. Die Klage muss bei ihrer Einreichung zulässig und begründet sein oder jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt vor ihrer Einreichung zulässig und begründet gewesen sein.

 

Wird der gesetzliche Vertreter der Beklagten nicht nur irrtümlich falsch bezeichnet und die Klage an den vermeintlichen gesetzlichen Vertreter mit Willen des Klägers zugestellt, ist die Klage unzulässig. Die Zustellung an eine führungslose GmbH hat an die Gesellschafter zu erfolgen. Ein im Handelsregister gewahrter Wechsel der Gesellschafter vor Einreichung der Klage geht zu Lasten des Klägers.


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Darlegungs- und Beweislast – Grouper als Nachweis der Erforderlichkeit ?

BGH, Urteil vom 09.07.2024 - VI ZR 252/23 -

 

Der Sozialversicherungsträger hat bei Geltendmachung eines Regressanspruchs keine erleichterte Darlegungs- und Beweislast, z.B. infolge sozialrechtlicher Regelungen im Rahmen der Abrechnung zwischen diesem und Krankenhäusern. Dies hat nun (endlich) der BGH entschieden, nachdem die Instanzgerichte seit einigen Jahren den gesetzlichen Krankenkassen Erleichterungen haben zuteil werden lassen.

 

Die gesetzliche Krankenkasse ist trotz des bereits im Zeitpunkt des schadensstiftenden Ereignisses stattfindenden Anspruchsübergangs nicht als Geschädigte anzusehen. Der nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X auf die Krankenkasse übergehende Anspruch auf Ersatz ihrer geleisteten Behandlungskosten knüpft an die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers („zu erbringen hat“) und nicht an tatsächlich erbrachte Leistungen an. Dabei kann die Krankenkasse Aufwendungsersatz nur insoweit verlangen, als sie Aufwendungen auf einen Schaden des Versicherten zu erbringen hat.

 

Die Krankenkasse treffen im Grundsatz die gleichen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast wie den Geschädigten, würde dieser den Schadensersatzanspruch selbst geltend machen.  Sozialrechtliche Anforderungen an das Abrechnungssystem zwischen Krankenhäusern und gesetzlichen Krankenkassen sowie sozialrechtliche Anforderungen an die Datenübermittlung, Prüfung von Rechnungen und Zahlungspflichten der Krankenkassen rechtfertigen keine Abweichung von den zivilrechtlichen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast nach dem Forderungsübergang gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X. Ein „Grouper“-Ausdruck, wie sie Krankenhäuser den Krankenkassen überlassen, ist kein wesentliches bzw. starkes Indiz für die Erbringung und/oder Erforderlichkeit der abgerechneten Leistung des Krankenhauses.

 

Da die Krankenkasse nicht Geschädigte ist, ist die Rechtsprechung zum sogen. „Werkstattrisiko“ bei Beschädigung einer Sache für Reparatur- und Sachverständigenkosten für Ansprüche der gesetzlichen Krankenkassen auf Ersatz der Kosten der Heilung nicht übertragbar.

 


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Unzulässige Gebrauchsüberlassung der Wohnung an Dritten

LG Hamburg, Urteil vom 03.11.2023 - 311 S 25/23 -

 

Die fristlose Kündigung des Wohnraum-Mietverhältnisses ist gerechtfertigt, wenn nach erfolgter Abmahnung der Mieter weiterhin einem Dritten die Wohnung überlässt, wenn der Dritte aufgrund einer Vereinbarung mit dem Mieter ein selbständiges Besitzrecht an der Wohnung des Inhalts hat, dass er die Wohnung unter Ausschluss des Mieters nutzen kann, aber auch dann, wenn der Mieter den Dritten für eine längere Zeit in der Wohnung aufnimmt und der Dritte das Recht hat, die gesamte Wohnung neben oder zusammen mit dem Mieter zu nutzen. Diese Gebrauchsüberlassung (und nicht nur ein Besuch) liegt ab einem Zeitraum von vier bis sechs Wochen vor.

 


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Scheinurteil wegen fehlerhafter Verkündung

BAG, Urteil vom 24.10.2024 - 2 AZR 260/23 -

 

Ein wirksames Urteil verlangt, dass eine Verkündung im Namen des Volkes durch Vorlesung der vollständigen Abfassung der vollständigen Urteilsformal einschließlich der Kostenentscheidung, Streitwert und ggf. einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung, jedenfalls aber durch Bezugnahme auf die schriftlich niedergelegte Urteilsformel, und zwar in öffentlicher Sitzung, erfolgt (§ 60 ArbGG, § 311 Abs. 2 S. 1 ZPO, § 173 Abs. 1 GVG. Dies gilt auch dann, wenn die Gerichtsakte elektronisch geführt wird.

 

Jedenfalls sind die Mindestanforderungen einzuhalten, mithin dass die Verlautbarung vom Gericht beabsichtigt ist oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet werden. Dass kann durch Verfügung des Vorsitzenden (nicht durch die Geschäftsstelle) erfolgen, das Urteil den Parteien zuzustellen.

 

Leidet das arbeitsgerichtliche Urteil an einem Verkündungsmangel, bleibt das Verfahren bei dem Arbeitsgericht wegen nicht beendeter Instanz anhängig; bei dem übermittelten „Urteil“ handelt es sich lediglich um ein Scheinurteil. Das Scheinurteil kann mit der Berufung angegriffen werden und ist im Berufungsverfahrens wegen des Mangels aufzuheben und das Verfahren an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen. Wird die unterlasse ordnungsgemäße Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom Revisionsgericht festgestellt, hat dieses das Verfahren entgegen § 68 ArbGG an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

 


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Gewalttätigen Mieter kann ohne Abmahnung gekündigt werden.

LG Berlin II, Beschluss vom 30.07.2024 - 67 S 190/24 -

 

Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist bei Gewaltbereitschaft/-tätigkeit eines Mieters gem. § 543 Abs. 1 BGB ohne vorherige Abmahnung zum Schutz der anderen Hausbewohner gerechtfertigt, auch wenn den Mieter eine Verantwortlichkeit für sein Tun nicht trifft. Die untherapierte Alkoholsucht des Mieters ist hier nicht zu seinen Gunsten zu würdigen.


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Hat Gesellschaftszusatz UG (haftungsbeschränkt) gegenüber GmbH Unterscheidungskraft (§ 30 HGB) ?

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 24.05.2024 - 22 W 14/24 -

 

 

§ 30 Abs 1 HGB bestimmt, dass sich eine neue Firma von bereits an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden und in das Handels-, Genossenschafts-, Gesellschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden muss.

 

Dies ist bei „xx Invest“ und „xx Investment“ nicht der Fall. Hat die bestehende Gesellschaft den Rechtsformzusatz GmbH und soll die neue Gesellschaft als UG (haftungsbeschränkt) mit dem entsprechenden Rechtsformzusatz eingetragen werden, kann offenbleiben, ob dem Rechtformzusatz Unterscheidungskraft zukommt, da z.B. infolge der erforderlichen Thesaurierungspflicht nach § 5a Abs. 3 GmbHG die UG (haftungsbeschränkt auch später als GmbH firmieren kann, ohne dass dann noch die Firma beanstandet werden kann.


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Ampelgeregelte Kreuzung und Kollision mit Nachzügler (§ 17 Abs. 1 StVG)

OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.09.2024 - 3 U 28/24 -

 

Auch der berechtigt bei Grün in eine Kreuzung Einfahrende muss Sorgfaltspflichten beachten, so den Vorrang desjenigen, der aufgrund vorangegangener Lichtphase der Ampel in die Kreuzung eingefahren ist und diese noch nicht geräumt hat (Nachzügler). Auch bei Grün hat der Einfahrende mit Nachzüglern zu rechnen und musss anhaltebereit fahren, § 1 Abs. 2 StVG.

 

Ist die Sicht für den Einfahrenden nach links beeinträchtigt (hier ein links abbiegender Lkw) gilt die Anhaltebereitschaft auch für den Fall, dass der Nachzügler grob sorgfaltswidrig bei unzulässigen Fahrspurwechsel den Lkw umfährt, um die Kreuzung zu passieren. Auch wenn dieses Verhalten des Nachzüglers grob sorgfaltswidrig ist, ist es aber nicht so atypisch, dass der Einfahrende damit nicht hätte rechnen müssen.

 

Haftung nach § 17 Abs. 1 StVG in Bezug auf den Grad der Sorgfaltspflichtverletzungen nach § 1 Abs. 2 StVO: 2/3 Nachzügler wegen grober Sorgfaltspflichtverletzung, 1/3 Einfahrender wegen einfacher Sorgfaltspflichtverletzung.

 


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Was ist mit dem staatlichen „Umweltbonus“ bei Rückabwicklung eines E-Autos-Kaufs ?

OLG Brandenburg, Urt. vom 03.09.2024 - 6 U 79/23 -

 

Muss der Verkäufer den vom Staat gezahlten Umweltbonus an den Käufer bei Rückabwicklung des Kaufvertrages erstatten ?

 

Nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Falle eines Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben. Zu den vom Verkäufer empfangenen Leistungen gehört der Kaufpreis. Da der Käufer die staatliche Förderung iSv.  erst nach Zulassung des Fahrzeuges beantragt und bewilligt erhält wird deutlich, dass Empfänger der Käufer ist, der Verkäufer nur den Kaufpreis erhält und sich die Rechtsfolgen aus einer z.B. zu kurzen Haltedauer nach den Förderrichtlinien das Verhältnis zwischen dem Käufer und dem Fördergeber betrifft., mithin die Förderung Teil des vom Käufer zu zahlenden Kaufpreises ist.

 


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Bestätigung entgegen 66. ZK LG Berlin: Schongeldzahlung führt nicht zur Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung

BGH, Urteil vom 23.10.2024 - VIII ZR 106/23 -

 

Entgegen der erneuten Entscheidung der 66. ZK des LG Berlin: Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Schongeldzahlung.

 

Zahlt ein Mieter mehrere Monate nicht die Miete, ist eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB möglich. Zahlt der Mieter dann innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Mietrückstände, wird die fristlose Kündigung unwirksam. Wird  in Ansehung der Mietrückstände eine ordentliche Kündigung nach §§ 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgesprochen, führt eine Zahlung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist nicht zur Unwirksamkeit dieser Kündigung. Verbindet der Vermieter die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung aus diesem Grund und zahlt der Mieter innerhalb der Schonfrist, ggf. auch innerhalb des Kündigungszeitraums der ordentlichen Kündigung, behält die ordentliche Kündigung ihre Wirksamkeit.

 

Im Rahmen der Prüfung der ordentlichen Kündigung kommt es darauf an, ob die Pflichtverletzung durch Nichtzahlung der Miete als nicht unerheblich iSv. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen ist.

 


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Teilungsversteigerung gegen den Willen des Mitgesellschafters

LG Hamburg, Beschluss vom 11.06.2024 - 328 T 16/24 -

 

Mit dem Inkrafttreten des MoPeG kann ein Gesellschafter (Liquidator) ohne Mitwirkung der übrigen Liquidatoren (Gesellschafter bzw. Liquidatoren, § 736 Abs. 1, Abs. 4 BGB) nicht mehr alleine einen Teilungsversteigerungsantrag nach Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses stellen.

 

Verweigert ein Liquidator die Mitwirkung bei der Liquidation kann ein Antrag auf Abberufung dieses Liquidators bei Gericht gestellt werden, § 736 Abs. 1 S. 1 BGB. Entsteht durch die unberechtigte Verweigerungshaltung eines Liquidators ein Schaden, ist dieser den anderen Gesellschaftern durch den die Liquidation behindernden Liquidator zu ersetzen.

 


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Zum Darlegungsumfang bei Schadensersatz

BGH, Urteil vom 30.07.2024 – VI ZR 122/23-

 

Der BGH hob ein Urteil des OLG Frankfurt auf, da diese zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers gestellt hatte und damit das rechtliche Gehör des Klägers nach Art. 103 GG verletzte.

 

Um einen Schaden nach einem Verkehrsunfall substantiiert darzulegen benötigt der Geschädigte kein Privatgutachten und muss auch nicht im Hinblick auf ein Ergebnis der Beweisaufnahme ein solches einholen oder ergänzen lassen. Im Rahmen des § 287 ZPO ist nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegung erleichtert, weshalb der Geschädigte durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen aufklären lassen kann, in welchem geringeren Umfang als von ihm angenommen Reparaturkosten anfallen.

 


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Pflichtteilsstrafklausel im notariellen Testament und Grundbuchantrag

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.09.2024 - 20 W 212/23 -

 

An sich reicht für eine Eigentumsänderung im Grundbuch durch den oder die Eben die Vorlage des notariellen Testaments aus.

 

Enthält das gemeinschaftliche notarielle Testament eine Pflichtteilsstrafklausel, reicht aber das notarielle Testament nicht aus. Es muss nachgewiesen werden, dass der oder die Erben nicht nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt haben. Dies kann durch einen Erbschein erfolgen. Möglich ist auch eine entsprechende, vor einem Notar aufzunehmende Erklärung mit Versicherung der Richtigkeit an Eides statt (strittig, a.A. z.B. OLG Schleswig, Beschluss vom 16.08.2024 - 2x W 46/24 -, welches die notarielle eidesstattliche Versicherung als erforderlich ansieht).

 


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