Verwertung gerichtsbekannter Tatsachen oder aus nicht vorher benannten Vorprozessen

BGH, Beschluss vom 29.11.2023 - XII ZR 36/23 -

 

Es gibt gerichtsbekannte Tatsachen, die ein Gericht in einem Urteil grundsätzlich ebenso verwerten darf wie Kenntnisse aus Vorprozessen der Parteien. Allerdings:

 

Ein Gericht darf „gerichtsbekannte“ Tatsachen in einem Urteil nur verwerten, wenn es den Parteien zuvor die Möglichkeit einer Stellungnahme zu diesen Tatsachen ermöglicht hat. Will ein Gericht Tatsachen zu Geschehensabläufen pp. aus einem Vorprozess verwerten, ohne dass die entsprechende Akte beigezogen wurde und auch kein Antrag dahingehend gestellt worden war, und wurden auch nicht das Urteil aus dem Vorprozess oder Schriftstücke aus diesem Verfahren von den Parteien vorgelegt, dürfen diese Kenntnisse des Gerichts bei der Urteilsfindung nur berücksichtigt werden, wenn den Parteien die Möglichkeit gegeben wurde, dazu vorher Stellung zu nehmen. Ein Verstoß dagegen stellt sich als Verletzung rechtlichen Gehörs dar, Art. 103 GG. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass das Urteil auf diesem Verstoß beruht, und ohne diesen Verstoß die Möglichkeit bestand, dass das Urteil zugunsten des durch den Verstoß Beschwerten ausgefallen wäre.

 


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