BGH, Urteil vom 20.10.2022 - III ZR 88/21 -
Grundsätzlich ist für den Verjährungsbeginn die Tatsachen- und nicht die Rechtskenntnis entscheidend. Der Gläubiger muss um die anspruchsbegründenden Tatsachen wissen; die rechtlich zutreffende Beurteilung ist nicht erforderlich. Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Tatsachen hindert den Verjährungsbeginn nicht.
Liegt allerdings ein Fall vor, in dem bei einem Schadensersatzanspruch der haftungsauslösende Fehler in einer falschen Rechtsanwendung durch den Schuldner besteht, reicht die Kenntnis dieser Rechtsanwendung nicht für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist aus. Hinzukommen muss Kenntnis oder grobe Unkenntnis davon, dass diese Rechtsanwendung falsch war.
Im Rahmen der Anlageberatung oder -vermittlung lässt sich aus der unterlassenen Kontrolle des Beraters/Vermittlers nicht auf ein schlechthin unverständliches und unentschuldbares Verhalten im Sinne grober Fahrlässigkeit (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) schließen; es weist für sich genommen auf das bestehende Vertrauensverhältnis hin. Das gilt auch für beschwichtigende Äußerungen des Beraters oder Vermittlers nach der Zeichnung der Anlage (hier in Bezug auf die fehlerhafte Angabe, die Anlage sei insolvenzfest).