OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.12.2021 - 9 W 35/21 -
Reagiert ein Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall nicht auf mehrere (hier: zwei) vorgerichtliche Zahlungsaufforderungen, gibt er grundsätzlich Veranlassung zur Klage; auf die dem Versicherer einzuräumende Prüfungsfrist kommt es in diesem Fall nicht an.
Bestreitet der Versicherer den Erhalt der Zahlungsaufforderung nach einem Verkehrsunfall, trägt er nach § 93 ZPO im Falle eines Anerkenntnisses nach Klageerhebung die Beweislast dafür, dass er diese nicht erhalten hat (negativer Beweis). In diesem Fall obliegt dem geschädigten Kläger die erweiterte subsidiäre Darlegungslast, dass er die Zahlungsaufforderung abgesandt hat.
Wird vom Kläger behauptet, sein Anwalt habe die Zahlungsaufforderungen mit E-Mail an den Versicherer gesandt, hat er die in einem Geschäftsbetrieb und einer Rechtsanwaltskanzlei übliche Dokumentation der abgesandten Mails vorzulegen, wozu der Ausdruck und die Überlassung der gespeicherten Mails (aus denen sich die E-Mail-Adressen von Absender und Empfänger sowie Datum und Uhrzeit der Versendung ergeben) gehören. Können sie (wegen Löschung) nicht vorgelegt werden, ist davon auszugehen, dass sie den Empfänger (Versicherer) nicht erreichten und dieser vorgerichtlich nicht zur Zahlung aufgefordert wurde.