Selbständiges Beweisverfahren und Berücksichtigung von Einwendungen gegen das Gutachten im nachfolgendem Hauptsacheverfahren unter Beachtung von Präklusionsvors

Der BGH hat zur Frage von Einwendungen gegen ein in einem selbständigen Beweisverfahren eingeholtem Gutachten, die (auch) im Hauptsacheverfahren erfolgen, festgehalten:

 

  1. Das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren ist im Hauptsacheverfahren verwertbar.
  2. Einwendungen gegen das Gutachten, die bereits im selbständigen Beweisverfahren erhoben wurden, sind auch im Hauptsacheverfahren (einschl. darauf beruhender Vertiefungen und weiter vorgelegter Privatgutachten) zu berücksichtigen. Eine Präklusion mit dem Vorbringen scheidet aus; die Partei ist nicht veranlasst, bereits im selbständigen Beweisverfahren weitere Beweisanträge zu stellen.
  3. Es bleibt offen, ob ein Vortrag gegen ein im selbständigen Beweisverfahren eingeholtes Gutachten im Hauptsacheverfahren präkludiert ist, wenn im selbständigen Beweisverfahren die Einwände noch nicht erhoben wurden. Ein Vortrag erst im Hauptsachverfahren ist jedenfalls dann nicht präkludiert, wenn mit einer Fristsetzung zur Stellungnahme keine Belehrung über die Folgen der Nichtbeachtung der Frist erfolgt.
  4. Bei nachvollziehbaren und detaillierten Privatgutachten darf der Tatrichter nicht durch Leerformeln (das Gutachtens sei überzeugend) einem Gutachten den Vorzug geben, sondern hat sich mit den verschiedenen Darlegungen auseinanderzusetzen und auszuführen, weshalb er dem Einen, nicht dem Anderen folgt.
  5. Bleiben Zweifel zur Richtigkeit verschiedener Gutachten, so hat der Tatrichter die Beweisaufnahme (evtl. durch Einholung eines weiteren Gutachtens) fortzusetzen.

 

BGH, Urteil vom 17.05.2017 - VII ZR 36/15 -


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